Kann Österreich in der Afghanistan-Krise einfach zuschauen oder müssen wir helfen? Die Positionen in dieser Frage könnten nicht weiter auseinanderliegen. Und beide Seiten haben irgendwie recht.
Die Bilder und Informationen, die uns seit der Machtübernahme der Taliban aus Afghanistan erreichen, lassen nicht einmal den härtesten Eiszapfen kalt. Die Zukunft, die die Menschen dort zu befürchten haben, ist realistisch gesehen eine triste. Der Taliban-Sprecher kann noch so sanft beteuern, nun alles besser machen zu wollen: Die Erfahrung aus der letzten Schreckensherrschaft zeigt, wie sehr man dieser Truppe trauen kann.
Es gibt keine Ja-oder-Nein-Antwort
Ob dieses Vorschuss-Misstrauen nun aber ein Grund ist, Menschen aus dieser Krisenregion aufzunehmen oder ob unser Boot schon voll ist - darüber scheiden sich wie in keiner anderen Frage die Geister der Österreicher. Denn es geht um Werte, Moral und Menschlichkeit und darum, wie wir unsere Verantwortung in der Welt sehen. Deswegen gibt es keine knappe Ja-oder-Nein-Antwort.
Wir können nicht tatenlos zusehen
Denn jeder, der ein gewisses Maß an Herz hat, möchte helfen. Die Vorstellung, dass dort Frauen und Kindern ein Leben in steinzeitlichen Scharia-Verhältnissen blüht, macht selbst den Hartgesottensten ohnmächtig. Da können wir nicht aus der sicheren Ferne zusehen und die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Das widerspricht unserem stolzen Verständnis von Menschlichkeit und unserem humanistischen Denken. So sind wir nicht.
… aber wir können auch nicht jeden aufnehmen
Dennoch ist es leichtgläubig, zu denken, dass wir durch die willkürliche Aufnahme von jenen, die es irgendwie zum Flughafen geschafft haben, die Lage in Afghanistan verbessern können. Diese Rechnung geht sich nicht auf. Und auch die Sorge vor einer Wiederholung der großen Flüchtlingsbewegung von 2015 mitsamt aller Herausforderungen, die bis heute nicht bewältigt sind, ist nur berechtigt. Dazu muss man kein rechter Troll sein.
Die Politik lügt, wenn sie einfache Antworten hat
Wenn die Politik also so tut, als ob sie einfache Antworten auf diese komplexen Fragen hat, dann lügt sie. Die plakative Härte der ÖVP ist dabei genauso unehrlich wie der Stehsatz der Linken, dass man doch „ein paar Hundert“ Flüchtlinge aufnehmen könne. Realistisch gesehen kann es nur einen pragmatischen Mittelweg von Hilfe vor Ort, Aufnahme von besonders gefährdeten Menschen und internationaler Zusammenarbeit geben. Aber Pragmatismus hat noch nie Wählerstimmen gebracht.
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