Mit Misstrauensantrag

Rumäniens bürgerliche Regierungskoalition geplatzt

Ausland
03.09.2021 20:23

In Rumänien ist die bürgerliche Koalition bestehend aus Liberalen (PNL), der Reformpartei USR-PLUS und dem Ungarnverband (UDMR) seit Freitagabend Geschichte: Auf einer Krisensitzung der Koalitionsspitzen entzog die Reformpartei dem liberalen Regierungschef Florin Citu formell das Vertrauen und kündigte den geschlossenen Rücktritt aller USR-PLUS-Minister sowie einen Misstrauensantrag gegen die Exekutive an, nachdem Citu einen Rücktritt hartnäckig abgelehnt hatte.

Einen Fortbestand der bürgerlichen Koalition könne es nur unter einem anderen liberalen Premierminister geben, hatte die USR-PLUS klargestellt, war mit ihrer Forderung jedoch sowohl bei Citu als auch einem Großteil der Liberalen auf taube Ohren gestoßen. Die schwere Koalitionskrise war Mitte der Woche ausgebrochen, nachdem Citu aus heiterem Himmel, ohne Vorabsprache mit dem Juniorpartner, Justizminister Stelian Ion (USR-PLUS) entlassen hatte.

Der 49-jährige liberale Premierminister stieß seinen Koalitionspartner damit bereits zum zweiten Mal gehörig vor den Kopf - erst im April hatte er Gesundheitsminister Vlad Voiculescu, einen der populärsten Politiker der USR-PLUS, auf die gleiche Weise entlassen.

Unterstützung aller Parlamentarier?
Die Reformpartei brachte am Freitagabend, gleich nach der ergebnislos geendeten Koalitionssitzung, gemeinsam mit der oppositionellen rechtsnationalistischen „Allianz für die Union der Rumänen“ (AUR) im Parlament einen Misstrauensantrag gegen Citus Rest-Kabinett ein. Der Chef der oppositionellen Postkommunisten (PSD), Marcel Ciolacu, gab daraufhin prompt bekannt, dass „sämtliche 157 Parlamentarier“ seiner Partei den Misstrauensantrag gegen die Exekutive mittragen werden.

„Alle für die Justiz“, demonstrierten zahlreiche Rumänen gegen die Regierung. (Bild: AFP/Daniel MIHAILESCU)
„Alle für die Justiz“, demonstrierten zahlreiche Rumänen gegen die Regierung.

Rumänische Politbeobachter sind übereinstimmend der Meinung, dass die regierenden Liberalen den wegen seines Reformwillens unbequemen Juniorpartner bewusst hinausgeekelt haben - noch dazu mit dem Segen von Staatspräsident Klaus Johannis. Der jüngst geschasste Justizminister habe bei Johannis angeeckt, da er ein Auswahlverfahren für den neuen Chefankläger der Antimafiastaatsanwaltschaft DIICOT und weiterer Ressortleiter bei Generalstaatsanwaltschaft und Antikorruptionsbehörde DNA ohne Absprache mit dem Staatsoberhaupt eingeleitet habe, so der Tenor.

Ergebnis „wie gewünscht“
Ex-Justizminister Ion hatte am Donnerstag erstmals durchblicken lassen, dass das von ihm angestoßene Auswahlverfahren für leitende Staatsanwälte der eigentliche Grund für seinen Abgang gewesen sei: Ihm sei noch vor seiner Entlassung angedeutet worden, dass die Auswahl von „jemand anderem koordiniert“ werden müsse, damit „das Ergebnis wie gewünscht“ ausfalle, sagte Ion der Presse. Dass sein kommissarischer Amtsnachfolger, der liberale Innenminister Lucian Bode, als erste Amtshandlung die Aussetzung des Auswahlverfahrens für Chefankläger anordnete, untermauert de facto das Fazit der Politbeobachter.

Der Misstrauensantrag des Ex-Juniorpartners gegen das nunmehr minderheitliche Kabinett hat beste Aussichten auf Erfolg - rechnerisch reichen die Stimmen der USR-PLUS-, PSD- und AUR-Fraktionen locker aus, um die Exekutive unter Premierminister Citu zu stürzen. Die Reformpartei USR-PLUS stellte in diesem Kontext auch klar, dass der gemeinsam mit der AUR eingebrachte Misstrauensantrag ein umstandsgebundenes Vorgehen darstelle und keineswegs mit einer Annäherung an die Rechtsnationalisten gleichzustellen sei.

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