Eltern erleichtert

Tod des kleinen David war grobe Fahrlässigkeit

Salzburg
04.09.2021 14:30

Endlich! Dreieinhalb Jahre nachdem Tod Davids im Zuge einer Mini-OP sind nun zwei Ärzte wegen grob fahrlässiger Tötung nicht rechtskräftig schuldig gesprochen worden. Für beide setzte es Bewährungsstrafen. „Wir sind erleichtert und fühlen uns bestätigt“, sagen Davids Eltern.

Tränen und eine tröstende Umarmung der Großmutter. Noch bevor Richterin Gabriele Glatz den dritten Verhandlungstag im Fall David eröffnete, wurde es Davids Mutter beim Gedränge vor der Tür des Verhandlungssaales 427 im Landesgericht zu viel. Sieben Stunden später, gegen 17 Uhr, zeigte ein anderer Tränen: der angeklagte Anästhesist. „Es tut mir unendlich leid. Ich stehe zu meiner Verantwortung“, hatte er ins Mikrofon geschluchzt bevor Glatz die Urteile verkündete. Sowohl der Anästhesist als auch der Kinderchirurg wurden wegen grob fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen. Die Strafe: 16 Monate auf Bewährung für den Anästhesisten, sechs Monate für den Kinderchirurgen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Davids Mutter zeigte bereits vor Beginn Emotionen. (Bild: Tschepp Markus)
Davids Mutter zeigte bereits vor Beginn Emotionen.

Zu voreilig operiert und das trotz vollem Magen
Bis zu diesem erstinstanzlichen Abschluss dauerte es zu lange: Dreieinhalb Jahre vergingen nach dem Tode Davids infolge einer Mini-Operation am Uniklinikum Salzburg. Zwei Jahre zog sich das Strafverfahren hin. Staatsanwalt Marcus Neher konnte in seinem Schlussplädoyer den Vorwurf präzisieren: „Der springende Punkt ist, dass man die Sechs-Stunden-Regel nicht abgewartet hat. David nach Hause zu schicken, wäre die richtige Entscheidung gewesen.“

Denn: Die Ärzte wussten zweifelsfrei, dass David bei der Operation nicht-nüchtern war, also einen vollen Magen hatte: voll mit Keksen, Joghurt und Rote-Rüben-Salat. „Ein sorgfältiger Arzt wägt das Risiko mit der Dringlichkeit ab. Die Dringlichkeit hat gefehlt“, betonte der Ankläger.

Als „medizinische Geisterfahrer“ bezeichnete Opfer-Anwalt Stefan Rieder gewohnt scharf die beiden angeklagten Ärzte und attestierte ihnen Ignoranz: „Ein kerngesundes Kind stirbt in einem Spital mit Maximalversorgung. Es ist die größt-mögliche Katastrophe für die Eltern. Aus meiner Sicht handelt es sich um besonders gravierende Sorgfaltsverletzungen.“

Nach dem Abschluss sind die Eltern Thomas und Edda erleichtert. (Bild: Tschepp Markus)
Nach dem Abschluss sind die Eltern Thomas und Edda erleichtert.

Gutachterin sprach von „mehreren Fehlern“
Tatsächlich war es nicht nur ein Fehler, sondern eine „Verkettung von mehreren“, wie es die deutsche Gutachterin Karin Becke-Jakob zusammenfasste. Die Nürnberger Chefärztin wurde vom Gericht als Expertin beauftragt, nachdem sich beim zweiten Prozesstag - vor genau einem Jahr - der erste Anästhesie-Gutachter in Widersprüche verfing.

Becke-Jakob ließ sich selbst von einem Stakkato an Verteidiger-Fragen nicht beirren und zeigte auf, was falsch lief: Eine mangelhafte Kommunikation zwischen den zwei Ärzten hinsichtlich des OP-Zeitpunktes. Mangelhaftes Monitoring, da auf ein EKG verzichtet wurde. Und unzureichende Sofortmaßnahmen bei Auftreten der Komplikationen. „Das Nicht-Handeln ist ursächlich für den Verlauf“, betonte die Expertin. Das medizinische Personal war damals „in Schockstarre“ hatte eine zur Reanimation Davids gerufene Ärztin ausgesagt.

Eines stellte das Gericht klar, was die Klinikführung lange als Grund für die viel zu eilig durchgeführte OP angab: den Blutverlust, der war laut Becke-Jakob nämlich „nicht relevant“.

Was noch in den Köpfen der Angeklagten bleibt, sind die Worte der Mutter – vorgetragen vom Opfer-Anwalt: „Für mich war David ein Wunder. Sie, die Ärzte, haben uns das Schönste der Welt genommen.“

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