Deneuve & Depardieu

Madame mit Biss: “Potiche – Das Schmuckstück”

Kino
23.03.2011 12:40
In der höchst unterhaltsamen französischen Familienfarce "Potiche - Das Schmuckstück", angesiedelt in den späten 70er-Jahren, läuft Catherine Deneuve an der Seite von Gerard Depardieu zu komödiantischer Hochform auf.

Sie ist die Frau an seiner Seite - ganz elegante Französin, Mutter zweier erwachsener Kinder und Dame des Hauses, das gediegenen Wohlstand widerspiegelt. Dass Madame die Firma ihres Vaters vor vielen Jahren als Mitgift in die Ehe einbrachte, hat ihr Gatte, ein cholerischer Despot, längst vergessen. Schnell waren die Rollen vergeben: Er schwang sich zum ausbeuterischen Kapitalisten auf, sie war fortan das attraktive Heimchen. 

Madame macht mobil
Doch die Zeiten stehen auf Sturm, wenn schon nicht jener auf die Bastille, so doch auf patriarchalisch-veraltete Gefüge, die in dieser Form ausgedient haben. Madame macht mobil - was umso amüsanter ist, als hier eine grandios kämpferische Catherine Deneuve zu komödiantischer Hochform aufläuft. Witzig auch der Filmtitel, ist doch "Potiche" der französische Ausdruck für eine dekorative Porzellanvase, was schelmisch auf Madame gemünzt zu "Das Schmuckstück" wurde. Eine weitere Regiearbeit voll Esprit von Francois Ozon, der damit souverän an seinen internationalen Erfolg "8 Frauen" anknüpft. 

Adrett sein ist alles, so das oberste, selbst auferlegte Gebot von Suzanne Pujol – Deneuve -, die gar zum Joggen in einem lauschigen Wäldchen mit Lockenwicklern zum sportiven Adidas-Dress aufbricht, um nur ja wenig später bei Tisch wohlfrisierte Contenance zur Schau zu tragen. Als ihr Mann - Fabrice Luchini -, der Regenschirmfabrikant, geschwächt von einem Streik und unliebsamen amourösen Turbulenzen der außerehelichen Art, eine Herzattacke erleidet, kündigt Suzanne souverän fabriksinterne Reformen an, verbündet sich mit der Arbeiterklasse, verordnet Wohlstand für alle, entzieht ihrem Göttergatten die Aktienmehrheit und bandelt mit einer noch nicht völlig erkalteten Jugendliebe - Gerard Depardieu als kommunistischer Schwerenöter mit kessem Tanzbein - an. 

Biss, Charme und Visionen
Damit nicht genug, politisiert Madame mit so viel Biss, Charme und Visionen, dass sie am Ende das Amt einer Abgeordneten bekleidet. Chapeau, Hut ab! In einer blumigen Rede beschwört sie augenzwinkernd das Matriarchat und die glorreiche Epoche der Amazonen. Kein Zweifel, nun glänzt das Schmuckstück für sich! Dass am Rande längst verjährte Seitensprung-Pikanterien wie Blümchen kokett ins Kraut schießen, wen schert's. Am Ende trällert Madame sinnlich-fröhlich: C'est beau la vie - das Leben ist schön...

Von Catherine Deneuve, Solitär und Weltstar des französischen Films, sagt man sehr oft, sie sei distanziert, unterkühlt, verschlossen. Deneuve: "Wenn es um mein Privatleben geht, bin ich wie eine Auster. Welche Frau fürchtet sich nicht davor, enträtselt zu werden?" François Ozon zählt zu ihren Lieblingsregisseuren. Warum gerade er? Deneuve: "Man trifft nicht oft einen noch jungen Cineasten, der eine ganze Welt in sich herumträgt. In 'Potiche' kokettiert er perfekt mit männlichem Chauvinismus, einer Unart, die besonders französische Männer kultivieren und die man ihnen nur deshalb verzeiht, weil sie die Frauen ja lieben, und er würzt das Ganze mit köstlicher, teils surrealer Situationskomik. Vor allem aber lässt er seinen Schauspielern ihre Geheimnisse und Eigenheiten!" 

von Christina Krisch, Kronen Zeitung

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