Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) soll künftig die Belegung der Intensivbetten statt der Sieben-Tage-Inzidenz der Leitindikator in der Pandemie-Bewertung sein. In den Spitälern liegt der Blick schon länger auf diesem Bereich - schließlich steigt die Auslastung der Intensivstationen seit Wochen deutlich an. Intensivmediziner Thomas Staudinger kennt die kritische Situation im Wiener AKH. Bereits jetzt seien alle Plätze belegt, sagt Staudinger, „erschreckend“ sei, dass derzeit „mindestens jeder dritte hospitalisierte Patient auf die Intensivstation muss“.
In Wiens Krankenhäusern werden wieder einige normale Stationen zu Überwachungsstationen für Covid-19-Intensivpatienten umfunktioniert, im AKH sind nach Angaben Staudingers zwei Intensivstationen erneut komplett für Covid-Patienten reserviert. Die Vorgehensweise sei „notwendig“, so der Intensivmediziner am Montag im Interview mit Puls 24. Man habe am vergangenen Wochenende „viele, viele Anfragen“ von Wiener Spitälern bekommen, und „wir sind heute zum ersten Mal in der Situation, dass wir kein einziges freies Bett mehr im Haus hatten“.
„Das waren wir von den bisherigen Varianten nicht gewohnt“
Die Patienten werden versorgt, beruhigt der Mediziner, doch wie in den bisherigen Wellen werde man nun Operationen wieder verschieben müssen. Es sei aber „ein bisschen erschreckend“, dass im Moment „mindestens jeder dritte hospitalisierte Patient auf die Intensivstation muss - das waren wir von den bisherigen Varianten in dem Ausmaß nicht gewohnt“. Die Intensivstationen würden damit „wieder zum Nadelöhr“, so Staudinger.
Bedenklich sei vor allem der Anstieg der vergangenen zwei Wochen - vor allem in Wien, wo sich die Zahlen fast verdreifacht hätten. „Wenn es so weitergeht, sind wir relativ rasch an der Grenze“, so Staudinger. „Wir können nur hoffen, dass die 60 Prozent der Vollimmunisierten uns ein gewisses Plateau verschaffen.“
„Alle intensivpflichtigen Patienten ungeimpft“
Staudinger bestätigte eine „Pandemie der Ungeimpften“ auch für das AKH: Zwar könne er nicht für ganz Wien sprechen, aber im Allgemeinen Krankenhaus seien „alle intensivpflichtigen Patienten ungeimpft“. In den vergangenen zwei Monaten habe man zwei geimpfte Patienten gehabt, doch diese seien immunsupprimiert gewesen - dabei wird das Immunsystem medikamentös unterdrückt, etwa bei einer Organtransplantation. Bei solchen Patienten wirke die Impfung nicht so gut.
„Intensiv- hinken Inzidenzzahlen um zwei bis drei Wochen hinterher“
Kurz hatte am Montagabend im ORF-„Sommergespräch“ seine „Schwerpunkte“ im Umgang mit der Corona-Pandemie für den Herbst vorgestellt (siehe oben). Kernpunkt sei, dass künftig die Bettenbelegung an den Intensivstationen statt der Sieben-Tage-Inzidenz neuer Leitindikator werden soll. Laut Staudinger sei dies „schwierig“, er gab zu bedenken, dass die Intensiv- den Inzidenzzahlen um zwei bis drei Wochen hinterherhinkten.
Die Impfbereitschaft nimmt unterdessen immer weiter ab: So wurden am Sonntag so wenige Impfungen durchgeführt wie zuletzt im Jänner - als es noch zu wenig Impfstoff gab. In Vorarlberg wurde etwa nur eine Impfung verabreicht, in Salzburg zwei.
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