Benita Ferrero-Waldner war zur Zeit der Terrorattentate vom 11. September Außenministerin. Sie gibt der „Krone“ Einblicke in Erinnerungen und Einschätzungen über die Zeit danach.
Der Tag, der die Welt veränderte. Ex-Außenministerin Benita Ferrero-Waldner blickt zurück.
Wie haben Sie diesen Tag in Erinnerung?
Diesen Tag werde ich nie vergessen. Ich war im Büro am Ballhausplatz. Plötzlich ruft der Pressesprecher an – ein Flugzeug sei ins World Trade Center geflogen. Ich habe den Fernseher eingeschaltet und den zweiten Angriff live gesehen. Es war erschütternd. Und klar, es handelt sich um einen Terrorangriff.
Was passierte dann?
Ich habe mich sofort mit unserem UNO-Gesandten in New York verbinden lassen. Er hatte nichts mitbekommen. Er war Uptown, die Attentate fanden Downtown statt. Dann haben wir uns vernetzt, mit Brüssel und anderen. Wichtig war eine sofortige und klare Solidarität mit den USA.
Was war Ihre Agenda?
Zwei Wochen nach 9/11 bin ich nach Jordanien, Syrien und Ägypten gereist. Ich habe mit Muftis gesprochen und Staatschefs. Assad, Mubarak. Überall habe ich betont, dass es ein Kampf gegen den Terror ist, nicht gegen den Islam – das wurde sehr positiv aufgenommen. So konnte Österreich ein Quäntchen beitragen. Eines war klar: Von heute auf morgen war es eine ganz andere Welt.
Wie bewerten Sie die militärischen Interventionen?
Die UNO hat sie sanktioniert – es war ein Akt der Verteidigung. So war auch Österreichs Neutralität nicht gefährdet. Wir erlaubten Überflüge und beteiligten uns an Friedensmission und Wiederaufbau in Afghanistan. Ich selbst war oft in Afghanistan. Ich war in Kabul und habe österreichische Truppen besucht. Und auch Joe Biden kennengelernt.
Er war damals Vizepräsident. Heute ist er Präsident und in einer schwierigen Lage.
Es war klar, dass die Amerikaner nicht ewig in Afghanistan bleiben. Die USA wollten nicht mehr opfern und Weltpolizist sein.
Letztlich war es eine gescheiterte Mission.
Alle Bemühungen haben nicht zum Ziel geführt. Wir haben gesehen, dass eine Demokratisierung in einem so verwurzelten autokratischen Staat nicht in zehn oder 20 Jahren gelingen kann. Demokratie und Freiheit – es war vielleicht leichtgläubig zu denken, dass die Menschen das so einfach annehmen würden.
Wie waren Ihre Eindrücke von Afghanistan?
Ich war entsetzt über die Rückständigkeit, vor allem was Frauenrechte betrifft. Wir haben viel für Frauen dort getan, auch ich als EU-Kommissarin. Jetzt sind diese Armen in einer ganz schwierigen Situation.
Was ist zu tun?
Wir müssen jetzt leider mit den Taliban in Dialog treten. Österreich kann da viel bewegen. Man muss vor allem das Problem der Destabilisierung der ganzen Region beachten. Das ist auch im Sinne Europas. Wir sind nicht gefeit vor Terror. Als ich Außenministerin wurde, war alles ruhig, Nach 9/11 wurde alles volatil. Das wird uns noch sehr lange beschäftigen.
Putin: „Das Resultat nach 20 Jahren war weniger als null“
Die „Krone“ bat auch Russlands Präsident um seine Einschätzung: Die russische Botschaft in Wien übermittelte Statements von Wladimir Putin. „Die USA versuchten seit 20 Jahren, die Einheimischen in ihrem Sinn zu ,zivilisieren‘. Resultat? Null, sogar weniger.“ Nichts als Tragödien und Verluste, für die USA, noch mehr für die Bevölkerung in Afghanistan. „Man sollte Traditionen, Geschichte und Kultur anderer lernen und verstehen. Ansonsten kann das nur scheitern.“
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