Wasserkanister in Pkw?
Fataler US-Drohnenangriff soll Irrtum gewesen sein
In dem Chaos bei der Evakuierungsmission am Flughafen in Kabul berichtete das US-Militär, es habe mit einer Drohne einen mutmaßlichen Terroristen in einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug aus dem Verkehr gezogen. Doch wie die renommierte „New York Times“ nun berichtet, könnte es sich bei diesem Einsatz um einen tödlichen Irrtum gehandelt haben. Laut einer Auswertung von Aufnahmen einer Überwachungskamera sei der verdächtige Wagen nur mit Wasserkanistern beladen gewesen.
Bei dem Angriff der US-Drohne am 29. August wurden zehn Zivilisten getötet, unter den Opfern befanden sich sechs Kinder. Nur einen Tag nach dem Vorfall berichtete die Nachrichtenagentur AFP, dass der Bruder des vermeintlichen Attentäters behauptet hatte, dass dieser ein Mitarbeiter einer NGO gewesen sei.
Kinder des NGO-Mitarbeiters umzingelten seinen Wagen
Die „New York Times“ berichtete nun, Zemari Ahmadi habe als Ingenieur für die Organisation Nutrition and Education International gearbeitet. Auf Videoaufnahmen sei zu sehen, dass Ahmadi vor dem Drohnenangriff mit einem Kollegen Wasserkanister in den weißen Toyota Corolla geladen hatte. Das Wasser sei für seine Familie bestimmt gewesen, da in seiner Nachbarschaft Knappheit herrschte - das habe er regelmäßig gemacht. Nach seinem Arbeitstag machte sich der NGO-Mitarbeiter laut dem Bericht schließlich auf den Heimweg.
Zu Hause angekommen seien seine Kinder und jene seines Bruders wie gewöhnlich zu dem Auto gelaufen. Es sei üblich gewesen, dass eines der Kinder den Wagen in den Hof fahren darf. Das alles sei dem Drohnen-Team des US-Militärs jedoch entgangen - die Soldaten hätten laut eigenen Angaben nur Erwachsene gesehen. Aus Angst, dass Fahrzeug würde sich bald auf den Weg zum Flughafen machen, starteten sie den fatalen Drohnenangriff.
Das US-Militär berichtete nach dem Angriff, es sei danach zu „sekundären Explosionen“ gekommen, die für die vielen zivilen Todesopfer verantwortlich seien. Diese nachfolgenden Explosionen würden auch darauf schließen lassen, dass sich tatsächlich viel Sprengstoff in dem Fahrzeug befunden habe. Ermittlungen der „New York Times“, die auch mehrere Experten zurate zog, zeichnen jedoch ein anderes Bild. Alle Experten seien der Meinung, dass die Schäden nur durch einen einzigen Angriff verursacht worden sind.
„Durchschnittlicher Tag als das Verhalten eines Terroristen interpretiert"
„Wir kommen zu dem Schluss, dass das US-Militär ein Auto angegriffen hat, das in einem Mehrfamilienhaus in Kabul geparkt war, ohne zu wissen, wer der Fahrer war, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente oder wo er lebte. Aus Angst vor einem Anschlag interpretierten sie einen durchschnittlichen Tag in seinem Leben als das Verhalten eines Terroristen“, schreibt der Evan Hill, Journalist der „New York Times“, auf Twitter.
John Kirby, der Sprecher des Pentagons erklärte gegenüber der Zeitung, dass es Ermittlungen dazu gebe. „Kein Militär der Welt ist so sehr darauf bedacht, zivile Opfer zu vermeiden“, verteidigte er die US-Truppen. „Gute“ Geheimdienst-Erkenntnisse hätten den Angriff veranlasst, „und wir glauben weiterhin, dass damit eine unmittelbare Bedrohung des Flughafens verhindert wurde“, so Kirby.
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