„Ein totaler Blödsinn“

Impfskepsis: Wiener Infektiologe übt Kritik an FPÖ

Wien
15.09.2021 13:47

Mehr als zwei Millionen Erwachsene wollen sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen - eine Anzahl, die Ärzte nicht nur mit Sorge sehen. Zunehmend wächst auch das Unverständnis. Zu dieser Skepsis gegenüber den Impfstoffen und auch der Gefährlichkeit einer Erkrankung selbst würde jedoch auch die Haltung der FPÖ gegenüber der Pandemie und dem Virus beitragen, so der Tenor. Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch machte nun seinem Ärger Luft. Den Konter gab es am Mittwoch seitens des FPÖ-Parteichefs Herbert Kickl.

Ein „gutes Immunsystem“ würde ausreichen, damit wäre eine Covid-19-Erkrankung kein Problem. Mit derartigen Botschaften findet die FPÖ offenbar bei so manchem Skeptiker Gehör. Ein gefährliches Spiel, wie Christoph Wenisch, Leiter der Infektionsabteilung an der Klinik Favoriten - dem ehemaligen Kaiser-Franz-Josefs-Spital -, am Dienstagabend deutlich machte. Im ORF-„Report“ übte er heftig Kritik am Vorgehen der FPÖ. 

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Das ist sowas von widerlegt und falsch, dass ich das nicht weiter kommentieren möchte.

Der Infektiologe Christoph Wenisch

„Er würde, wenn er Student wäre bei mir, einen Fünfer kriegen“
„Ein Politiker soll Politiker sein, und ein Arzt ist Arzt“, stellte der Mediziner klar. „In medizinische Kontexte“ solle er sich nicht hineinverlieren, riet der Infektiologe. 
Mit Blick auf die Botschaft vom gesunden Immunsystem meinte er: „Das ist ganz einfach ein totaler Blödsinn. Das ist sowas von widerlegt und falsch, dass ich das nicht weiter kommentieren möchte.“ Medizinisch sei das ohne Substanz, führte Wenisch weiter aus, um mit Nachdruck anzumerken: „Er würde, wenn er Student wäre, bei mir einen Fünfer kriegen.“

Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch

Kickl: „Dann geht's schon langsam ins Absurde“
Im Zuge einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag gab es den Konter des FPÖ-Partei- und Klubchefs. Ihm sei neu, dass man nun schon infrage stelle, dass ein „starkes Immunsystem insgesamt gut ist für den Menschen“ oder den Schutz vor Krankheiten, „nur weil es ein Freiheitlicher sagt“, so Kickl, der auch davon sprach, dass ja auch etwa Leute, die Antikörper haben, ein starkes Immunsystem hätten. „Dann hilft das auch alles nichts mehr. Aber dann geht's schon langsam ins Absurde.“

Köstinger: „FPÖ verunsichert Menschen“
Scharfe Kritik an der FPÖ gab es aber auch von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). „Ohne die Anti-Impf-Propaganda der FPÖ wäre die Impfquote in Österreich höher und wir könnten weitere Lockerungsschritte - wie etwa in Dänemark - durchführen“, erklärte sie. Vernunft oder Wissenschaft seien bei der FPÖ-Spitze offenbar keine politischen Kategorien mehr. Köstinger sprach von der Verbreitung von „Fake-News“ wider besseres Wissen, zudem würde die FPÖ damit Menschen verunsichern, „für die eine Impfung dringend notwendig wäre“, so die Landwirtschaftsministerin. 

„Die Freiheitlichen gefährden mit ihrer Propaganda die Gesundheit Tausender Menschen. Sie stellen sich damit politisch ins Eck der Corona-Leugner“, erklärte Köstinger, die den FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl aufforderte: „Hören Sie endlich mit diesen durchsichtigen Parteimanövern auf dem Rücken der Menschen auf. Sie riskieren damit Menschenleben, Arbeitsplätze und verlängern die Pandemie.“

Meinl-Reisinger: „Fetzendeppert, muss man sagen“
Zuletzt hatten bereits die NEOS, allen voran deren Chefin Beate Meinl-Reisinger, die Haltung der Freiheitlichen gegenüber der Impfung kritisiert - und ebenfalls die Freiheitlichen für die in Österreich vergleichsweise niedrige Durchimpfungsrate verantwortlich gemacht. Die Wortwahl fiel dabei noch etwas drastischer aus. 
So bezeichnete Meinl-Reisinger die Haltung der Partei als „absolut unverantwortlich“, um sich dann noch etwas nachdrücklicher zu äußern: „Ich kann nicht nachvollziehen, wie hier agiert wurde. Fetzendeppert, muss man sagen, ich sage es, wie es ist.“

Mit Stand Dienstag 200 Corona-Intensivpatienten
Die Corona-Lage im Land entwickelt sich jedenfalls nicht in eine positive Richtung: Mit Stand Dienstag wurde die „Benchmark“ von 200 Intensivpatienten im Land erreicht. Bereits seit einigen Tagen steigt die Zahl der Patienten in den Spitälern immer stärker an. Seit Mittwoch gelten im Land neue Regeln, was die Maskenordnung betrifft - erstmals mit gravierenden Unterschieden zwischen Geimpften und Ungeimpften.

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