Impfmuffel unsicher

„Die Leute sind nicht blöd, daran liegt es nicht“

Österreich
15.09.2021 14:32

Wir impfen langsam. Im EU-Vergleich sind wir im Mittelfeld, die allermeisten westeuropäischen Staaten sind uns voraus, wenn es darum geht, wie viele Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft sind. Warum ist das so, lässt sich das noch ändern, und was hat die Krise mit unserer Einstellung zum Staat und zur Politik gemacht? Das erforscht die Politologin Julia Partheymüller, und sie war bei Damita Pressl im krone.tv-Studio zu Gast.

„Vor allem in Westeuropa liegen wir eher hinten an“, erklärt Partheymüller, und differenziert aber sogleich: Einige wenige würden tatsächlich hartnäckig und aus Grundsatz jede Art von Impfung ablehnen. „Das ist aber eine relativ kleine Szene.“ Ein breiterer Personenkreis sei zögerlich oder zurückhaltend, besorgt um Nebenwirkungen oder die Sicherheit des Impfstoffes oder würde am Nutzen zweifeln. „Viele sagen: Eigentlich kenne ich mich gar nicht richtig aus.“

Julia Partheymueller (Bild: krone.tv)
Julia Partheymueller

Schuld daran seien nicht nur gezielte Falschinformationen, sondern auch unklare oder verwirrende Kommunikation, die wenig Vertrauen erweckt, etwa eine verkürzte Berichterstattung über höchst seltene Impfdurchbrüche oder das Alter: „Bisher wurde über die Impfung so gesprochen, als ob das nur die Alten beträfe“, so Partheymüller, es sei kaum herausgekommen, dass auch für Menschen mittleren oder jungen Alters ein gesundheitlicher Vorteil besteht.

Impfmuffel unter den Jüngeren
Entsprechend, so zeigt Partheymüllers Forschung, sind die Impfmuffel in Österreich auch eher jung. Außerdem verdienen sie eher wenig: „Impfwilligkeit hat aber nichts mit Bildung zu tun. Die Leute sind nicht blöd - daran liegt es nicht.“ Viel eher sei das Vertrauen in die Politik ein entscheidender Faktor. Insgesamt seien Niedrigverdiener vielleicht etwas ängstlicher und zurückhaltender, hätten abseits der Pandemie Schwierigkeiten und würden der Politik wenig vertrauen.

Auch die politischen Überzeugungen spielen hinein. Partheymüllers Daten zeigen, dass vor allem Nichtwähler, Nichtwahlberechtigte und FPÖ-Wähler sich ungern impfen lassen. Nichtwähler seien für Parteien schlecht erreichbar, erklärt die Wissenschaftlerin, und FPÖ-Wähler seien Impfungen gegenüber allgemein ablehnender, was die Partei dann auch bespielt. Eine zugrundeliegende Skepsis, die eigentlich positiv ist: „Es ist gut, kritisch zu sein, auch gegenüber der Regierung. Aber bei der eigenen Gesundheit muss man aufpassen.“

Eine Million Geimpfte braucht es noch, schätzt die Virologin Dorothee von Laer, damit die Pandemie in Österreich wirklich vorbei ist. „Da findet man welche“, sagt Partheymüller. Es gebe genug Menschen, die man überzeugen könne. Aber wie? Man müsse Falschinformationen sofort widerlegen, etwa den Irrglauben, man könne die Pandemie mit einem starken Immunsystem überstehen: „Ganz viele Leute haben kein gutes Immunsystem oder sogar Vorerkrankungen - das ist ganz gefährlich.“

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Außerdem müsse man Fragen nachgehen und beantworten, Verwirrung mit Faktenchecks entgegnen, und vor allem auch keine falschen Versprechen mehr machen, rät Partheymüller der Politik: „In der Vergangenheit hat man zu viele Versprechen gemacht und war dann enttäuscht, dass es nicht geklappt hat. Keine Lockdowns mehr, für Geimpfte sei die Pandemie vorbei - wir sollten uns realistischere Ziele setzen.“

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