Prozess in Frankreich
Abdeslam über Paris-Terror: „Nichts Persönliches“
In dem Prozess um die verheerende Anschlagserie in Paris mit 130 Toten vor fast sechs Jahren hat sich der Hauptangeklagte zu der Tat bekannt. „Wir haben Frankreich angegriffen, wir haben die Bevölkerung anvisiert, aber es war nichts Persönliches“, sagte Salah Abdeslam am Mittwoch in einer ersten, etwa fünf Minuten dauernden Stellungnahme vor Gericht. Der Prozess hatte vergangene Woche begonnen.
Abdeslam, der am Mittwoch 32 Jahre alt wurde, hatte sich zum Auftakt zur Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) bekannt. Der 31-jährige Franko-Marokkaner ist aller Wahrscheinlichkeit nach der einzige überlebende Attentäter.
„Das ist der wahre Islam“
Bei den Tätern handle sich nicht um Terroristen und Radikale, sondern nur um Muslime. „Das ist der wahre Islam“, fügte er in seiner Stellungnahme hinzu. „François Hollande (der frühere französische Präsident, Anm.) hat gewusst, dass er ein Risiko einging, als er den Islamischen Staat in Syrien angriff“, sagte Abdeslam, der drei der Attentäter zu einem der Tatorte gefahren haben soll. Die französischen Flugzeuge hätten auch Frauen und Kinder getötet.
Er wolle niemanden provozieren oder verletzen, sondern die Wahrheit sagen. betonte Abdeslam, der im Unterschied zu seinen früheren Äußerungen zum Prozessbeginn mit ruhiger Stimme sprach.
Nebenkläger weinten bei Abdeslam-Stellungnahme
Einige der im Saal anwesenden Nebenkläger fingen bei diesen Erklärungen an zu weinen. Abdeslam hatte sich bislang nie ausführlich zur Tat geäußert. Nach Erkenntnissen der Ermittler trug er selber auch eine Sprengstoffweste, die er aber nicht zündete, sondern floh. „Ich weiß, dass meine Worte schockieren können“, sagte Abdeslam. „Aber das Ziel ist nicht, das Messer in die Wunde zu stoßen.“
Weitere 19 Helfer angeklagt
Neben ihm sind 19 Helfer angeklagt, denen Vorbereitungen der Angriffe mit Waffen und Bomben auf sechs Restaurants und Bars, ein Fußballstadion und die Konzerthalle Bataclan vorgeworfen werden. In der Nacht vom 13. auf den 14. November 2015 hatten Extremisten 130 Menschen getötet und Hunderte verletzt.
Rund 1800 Kläger
Der Prozess ist auf neun Monate angesetzt. Rund 1800 Kläger nehmen teil, dazu 330 Anwälte. In den ersten Wochen sollen Fachleute und die Polizei den Verlauf der Anschläge schildern. Ende September werden die Opfer gehört. Ab Anfang November sind die Vernehmungen der Angeklagten geplant.
Urteile werden Ende Mai 2022 erwartet
Im Mai 2022 sind die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung vorgesehen. Die Urteile werden Ende Mai erwartet. Den meisten Angeklagten droht lebenslange Haft. Seinerzeit hatte der IS die Anschläge für sich reklamiert als Vergeltung für Frankreichs Beteiligung am Kampf gegen die radikalislamische Gruppe in Syrien und im Irak.
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