Freistellung

Ballet-Chefin nach Vorwurf betroffen und verletzt

Oberösterreich
16.09.2021 10:00

„Es fehlen konkrete Daten, Namen, Dokumentation“, so Landestheater-Intendant Hermann Schneider zu den Vorwürfen gegen Tanzdirektorin Mei Hong Lin. Für eine Entlassung reiche es nicht. Man nehme die Lage aber sehr ernst, daher auch deren Freistellung. In einem Brief hatten 13 der 18 Tänzer ihre Situation geschildert.

Ignorierte Verletzungen und respektloser Umgang mit Trauerfällen, Ideenklau, Führungsversagen - die Liste an Vorwürfen gegen die Tanzdirektorin ist, wie berichtet, lang. Sie wurde freigestellt und eine externe Compliance-Kommission prüft. Ins Rollen brachte alles ein Brief der Tänzer an den Betriebsrat. Nach mehreren Monaten erfolgloser Versuche, die Lage mit besserer Kommunikation und Hilfe einer Psychologin zu kitten, ging Intendant Hermann Schneider nun den nächsten Schritt, da neue Vorwürfe auftauchten.

Mei Hong Lin wurde als Tanzdirektorin freigestellt. (Bild: Philip Brunnader)
Mei Hong Lin wurde als Tanzdirektorin freigestellt.

„Nicht ausreichend für Entlassung“
Aber er stellt klar: „Wir haben uns arbeitsrechtlich beraten lassen, und was vorliegt, ist nicht ausreichend für eine Entlassung. Die Anschuldigungen klingen zwar gravierend, aber sind zu vage. Wir haben meist kein Datum, keinen Namen, es wurde nicht dokumentiert.“ Er nennt ein Beispiel: „Es heißt, ein Kompaniemitglied hätte sich wegen Überlastung mehrfach in Vorstellungen übergeben müssen. Es gibt aber ein Vorstellungsbuch, in dem sowas drinsteht. Trotzdem gibt es keinen Vermerk. Man hätte sich geschämt, wollte nicht, dass das drinsteht, heißt es dann. Wie gehe ich mit so einer Aussage um?“ Daher müssten alle Vorfälle nun geprüft werden. „Ich zweifle keine Sekunde daran, dass das passiert ist. Warum sollten sie das erfinden. Aber vor Gericht hält das nicht.“

„Es ist eskaliert“
Mei Hong Lin selbst sei „unglaublich verletzt, erschüttert und tief betroffen. Sie ist sich zwar ihrer Verantwortung, aber keiner Schuld bewusst.“ Ex-Kompaniemitglied Nimrod Poles berichtet der „Krone“ von der Situation unter Lin: „Die Pandemie hat das Ganze zugespitzt, es ist eskaliert“, erzählt er. Er ist mittlerweile ausgestiegen: „Ich hatte kaum Privatsphäre. Wenn ich auf Social Media ein Video von einer Zugfahrt postete, hieß es nachher, ich müsse einen Urlaubsschein ausfüllen, wenn ich Linz verlasse“ – siehe Interview unten. Übrigens war ein Tänzer in Lins vorheriger Station Darmstadt sogar in Hungerstreik gegangen, um gegen die Verhaltensweisen u. a. von ihr zu protestieren.

Eine von der SP geforderte Sondersitzung des Aufsichtsrats wird es jedenfalls nicht geben. Vorsitzender LH Thomas Stelzer vertraut der Geschäftsführung: „Ich gehe davon aus, dass sie die richtigen Maßnahmen treffen wird.“

Nimrod Poles bleibt nach der Linzer Erfahrung freischaffend. (Bild: Robert Josipovic)
Nimrod Poles bleibt nach der Linzer Erfahrung freischaffend.

Nimrod Poles tanzte zwei Jahre am Landestheater, ehe er im Juni ausschied. Er hat den Brief zu den Vorwürfen mitunterzeichnet.

„Krone“: Wie war Ihre Zeit in Linz?
Nimrod Poles: Sehr fordernd. Lin hat uns als Künstler ausgenutzt, in vielen auch persönlichen Situationen ihre Macht missbraucht. Ich fühlte mich alleingelassen. Daher habe ich das Theater verlassen.

Ein Beispiel?
Meine Oma war mit Krebs diagnostiziert worden und ich bat um einen freien Tag, um zu ihr nach Tel Aviv zu fliegen. Es war keine Vorstellung, nur eine Probe. Ich habe ihn nicht bekommen. Das ist im Vergleich zu Kollegen aber noch gar nichts.

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