E-Mails, Anrufe, Kommentare: Die neue Corona-Verordnung lässt die Wogen hochgehen. Selbst Experten verstehen die komplexen Regeln nicht. Einfacher wird es aber nicht.
Von „Irrsinn“ bis zu Worten, die nicht druckbar sind, reicht die Meinung von „Krone“-Lesern und Experten zur neuen Verordnung. Und alle, vom Mathematiker über den Politologen bis zum Virologen, sagen: Nur mit einfachen Regeln, an die sich alle halten können, kann man die Pandemie erfolgreich bekämpfen.
Alle? Nein. Das Gesundheitsministerium sagt auf „Krone“-Anfrage: „Die Regel ist ganz einfach. Es gilt: Überall dort, wo bisher ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen war, braucht es künftig wieder eine FFP2-Maske. Ungeimpfte müssen darüber hinaus im weiteren Handel die FFP2-Maske tragen, für Geimpfte bleibt das eine ausdrückliche Empfehlung.“ Jetzt kennen wir uns alle aus - oder?
Niki Popper, Mathematiker: „Wir brauchen Klarheit bei den Zahlen, bei der Kommunikation und bei den Regeln. Mittlerweile können wir die Dynamik so weit einschätzen, dass auch längerfristige, klare Maßnahmen möglich und sinnvoll sind.“
Thomas Szekeres, Ärztekammerpräsident: „Regeln müssen leicht nachvollziehbar sein, weil sie sonst schwer einhaltbar sind. Ich selbst kenne mich nicht mehr aus. Am einfachsten ist Impfen. Dann braucht man auch keine Regeln mehr und kann aufmachen, wie in Dänemark.“
Peter Klimek, Komplexitätsforscher: „Für die Pandemie gibt es leider keine einfachen Lösungen. Aber je klarer die Spielregeln formuliert sind, desto einfacher kann man deren Sinnhaftigkeit erkennen, und desto eher werden die Corona-Regeln in der Bevölkerung auch breit mitgetragen.“
Renate Anderl, Arbeiterkammerpräsidentin: „Zur Bekämpfung der Pandemie können und müssen alle einen Beitrag leisten. Die Politik muss aber klare, verständliche Regelungen vorgeben, dann können sich alle gut daran halten. Diese Verantwortung darf die Regierung nicht auf Arbeitgeber und Beschäftigte abwälzen.“
Harald Mahrer, Wirtschaftskammerpräsident: „Ein Regelungs-Wettbewerb macht keinen Sinn. Kunden, Betriebe und Bevölkerung wollen wissen, woran wir uns jetzt halten müssen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Das wird aber nur funktionieren, wenn die Regelungen einheitlich sind.“
Florian Thalhammer, Virologe: „Eine Hü-hott-Politik mit komplizierten Regeln bringt nichts, weil sich keiner auskennt, es nicht zu kontrollieren ist, falsche Verdächtigungen entstehen und de facto jeder sich aussuchen kann, was er machen will. Bestes Beispiel ist die Maskenverordnung. Besser wäre es gewesen, alle müssten einheitlich FFP2-Masken tragen. Die Geimpften hätten zwar da und dort gemurrt, aber es wäre eine einheitliche klare Lösung gewesen.“
Peter Filzmaier, Politologe: „Den Stufenplan der neuen Corona-Maßnahmen habe ich seit der Pressekonferenz der Bundesregierung am Handy gespeichert, um nicht durcheinanderzukommen. Nun stelle ich fest, dass in der offiziellen Verordnung dazu sowieso etwas anderes steht. Bei allem Verständnis dafür, dass die Pandemiebekämpfung ein komplexes Thema ist: Wie sollen da die Bürger nach der allzu langen Regierungserzählung vom ,schönen Sommer‘ nun den Überblick über dringend notwendige Maßnahmen behalten?“
Bernhard Wurzer, Österreichische Gesundheitskasse: „Jeder kann zwei Regeln einhalten, die ganz einfach umzusetzen sind: In Räumen (also Handel und öffentliche Verkehrsmittel) eine FFP2-Maske tragen und impfen, impfen, impfen! Das bringt uns allen mehr, als jetzt über Regeln zu schimpfen.“
Die aktuelle Verordnung des Bundes zu den Corona-Maßnahmen wurde am Mittwoch auch in Wien übernommen - und in jene des Landes eingearbeitet. Die beiden Regelwerke wurden zusammengeführt. Konkret bedeutet dies, dass die in Wien aktuell geltenden Verschärfungen vorerst aufrechtbleiben.
Weitere Verschärfungen in Wien nicht unwahrscheinlich
Befristet ist die Wiener Verordnung derzeit mit Ende September. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich bis zu diesem Termin noch etwas ändert. Denn Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wird sich kommende Woche wieder mit Fachleuten aus den Bereichen Medizin, Pflege und Prognostik beraten, wie ein Sprecher berichtete. Dass dann weitere Verschärfungen anstehen, gilt als nicht unwahrscheinlich.
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