Verliefen die ersten beiden Prozesstage noch relativ ruhig, so verschärfte sich diesmal der Umgangston im Laufe des Vormittags merklich. Friedlich verlief noch die Frage von Richter Karl Buchgraber an Hannes Kartnig, dem schwerer Betrug, betrügerische Krida, grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung vorgeworfen wird, nach rund 581.000 Euro, die der Transfer von Markus Schopp eingebracht hatte.
Das Geld lag dann offenbar einige Zeit bei Kartnig zu Hause im Tresor und wurde schließlich über seine Werbefirma an den Verein bezahlt. "Falls wir etwas schwarz zahlen hätten müssen", erklärte der Befragte dazu in aller Offenheit. "Wer hat gesagt, dass das so zu verbuchen ist?", wollte der Richter wissen. "Ich hab mit der Schreiberei der Buchhalter nichts zu tun gehabt, nicht böse sein", wehrte Kartnig Detailfragen zur Finanzgebarung ab.
"Jeder weiß, dass schwarz bezahlt wird"
Die Konfrontation mit Staatsanwalt Winklhofer, der sich bereits bei anderen "Promi-Prozessen" (etwa Herberstein) als profund vorbereiteter und unerbittlicher Ankläger erwiesen hatte, wurde mit Spannung erwartet. Winklhofer interessierte zunächst, welche Vorstandsmitglieder worüber Bescheid gewusst hatten. "Jeder weiß, dass im Fußball schwarz bezahlt wird", tat der Angeklagte die Frage ab. Im Übrigen habe es das System der Schwarzzahlungen längst gegeben, als Kartnig 1992 als Präsident zu Sturm gekommen sei. Der frühere Sekretär - er ist ebenfalls angeklagt - habe ihm nur gesagt, da sei "etwas zu zahlen" - und zwar nicht offiziell. "Wenn man mit einem Spieler etwas ausgemacht hat, muss man das auch einhalten", so Kartnig in Bezug auf das Geld, das unter der Hand floss.
Lautstarker Dialog
Als sich die Verteidiger mehrmals zu Wort meldeten, weil sie der Protokollierung des Richters akustisch nicht folgen konnten, wurde der Ton deutlich gereizter. "Sie hören nichts, weil Sie immer miteinander reden", warf Winklhofer ein. "Das ist unfair, Sie wissen genau, warum wir nichts hören", sprang einer der Anwälte auf und spielte damit auf den lautstarken Dialog zwischen Kartnig und dem Ankläger an. "Wenn Sie leise sind, hören Sie alles", belehrte der Richter die Verteidiger, während Kartnig nur stöhnte: "Mein Gott!".
Aufgeladen wurde die Stimmung, als die Förderungen zur Sprache kamen. Zuständig war der damalige Sportlandesrat Gerhard Hirschmann (ÖVP) gewesen. "Den kennen Sie ja von der Beauty-Farm", so der Staatsanwalt in Anspielung auf einen gemeinsamen Ausflug von Kartnig und Hirschmann nach Ischgl, über den es auch Rechnungen für Schönheitsbehandlungen gibt. "Veranstalten Sie hier keine Politikerhetze", fuhr Verteidiger Soyer sofort von seinem Platz hoch. "Sie hätten mich nie angeklagt, wenn Sie nicht von der Finanz einen falschen Bericht bekommen hätten", meinte Kartnig in Richtung Staatsanwalt. "Es gab den dringenden Verdacht, dass Sie mit Vereinsgeldern spielen", konterte der Ankläger.
Verteidiger befragten Kartnig zur Rolle des Vorstandes
Nach dem Staatsanwalt befragten die Verteidiger Hannes Kartnig. Dabei war vor allem die Rolle des Vorstandes ein Thema, aber auch Zahlungen an die Bundesliga. In der Anklage wird Kartnig vorgeworfen, wegen falscher Angaben bei den Eintrittskarteneinnahmen der Bundesliga 53.000 Euro vorenthalten zu haben. Doch der Beschuldigte leugnete in dieser Hinsicht jede Absicht und gleich dazu auch noch jedes Wissen darüber.
Verteidiger Richard Soyer interessierte besonders die Rolle der Vorstandsmitglieder, die zum Teil auch auf der Anklagebank sitzen: "Hat sich der Vorstand eingebracht, oder waren das Muppets?", formulierte es der Anwalt salopp. "Es waren viele berufstätig, sie waren schon sehr gerne im Vorstand", umschrieb es Kartnig höflich. Dann zählte er auf, was jeder Einzelne gemacht hat - und zwar von Platzführungen bis hin zur kostenlosen Rechtsvertretung. "Wir waren ein Team, wir haben auch die gleichen Anzüge getragen, wenn wir wo hingefahren sind", so Kartnig.
Ehemaliger Sekretär "war das Hirn"
Der Einzige, der voll angestellt und über alles informiert gewesen sei, wäre der ehemalige Sekretär gewesen. "Er war das Hirn", formulierte es der Ex-Sturm-Präsident. Davor hatte er gemeint, er sei der "Lehrbua" des ebenfalls angeklagten Sekretärs gewesen, weil dieser schon vor ihm beim Verein war. Dieser ist übrigens auch der Einzige, der sich schuldig bekannt hat.
Viel Heiterkeit kam bei den immer noch zahlreich anwesend gewesenen Zuschauern auf, als Kartnig erklärte, er habe bis 2006 nicht einmal gewusst, dass bei jedem Spiel anteilig Angaben an die Bundesliga zu zahlen seien. "Ich habe gedacht, wir müssten so etwas wie einen Mitgliedsbeitrag bezahlen", erklärte der Angeklagte. Pro Spiel wurden im Schnitt 430 Euro zu wenig abgeführt, wurde ihm vorgerechnet. "Das steht ja nicht dafür, dass ich für 430 Euro einen Betrug mache", betonte Kartnig.
Gescheiterter Deal mit Finanzministerium
Dann schilderte der Angeklagte, wie er beim Finanzministerium war und dort 2,5 Millionen Euro geboten hätte - "und dann vergess ma des", lautete damals sein Vorschlag in Bezug auf seine Schulden beim Finanzamt. Doch wegen aufkommender Vermutungen, er habe Geld von Sturm im Casino verspielt, kam der Deal nicht zustande. "Ohne dieses Gerücht wäre Sturm nie in Konkurs gegangen", war Kartnig überzeugt.
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