Drei zentrale Kritikpunkte lasten die Kläger im ersten Amtshaftungsprozess um das Corona-Chaos in Ischgl (Tirol) der Republik Österreich an: Missmanagement beim Ausbruch der Pandemie, falsche Einschätzung der Gefahr und mangelnde Organisation der Abreise der Touristen. Sogar um Begräbniskosten wird gestritten.
Die beiden Vertreter der Finanzprokuratur, also der Anwalt des Staates, bestreiten alles: Sie verwehren sich entschieden gegen sämtliche Vorwürfe, und sie lehnen jeden Vergleiches strikt ab.
Im ersten Prozess um Amtshaftung der Republik Österreich (Forderung: 100.000 Euro) saß als Kläger der Lehrer Ulrich Schopf (36) auf der linken Seite des Saales. Seiner Mutter war es aus emotionalen Gründen nicht möglich, der Verhandlung beizuwohnen. Was nachzuempfinden ist, schließlich hat sie im März 2020 ihren geliebten Mann nach 47 Ehejahren auf schreckliche Weise verloren. Hannes Schopf, pensionierter Chefredakteur der „Furche“, war am 7. März mit Freunden nach Ischgl gereist und Ende März verstorben.
Anwalt: Genug Hinweise auf drohende Gefahr
Die Anreise von Hannes Schopf hätte, so meinen Anwalt Alexander Klauser und Peter Kolba vom Verbraucherschutzverein, verhindert werden müssen. Die Behörde hätte auch unterbinden müssen, dass viele andere Urlauber zu dieser Zeit noch nach Ischgl kamen. So auch der Lebensgefährte von Dörte Sittig, die dem Prozess ebenfalls beiwohnte. Denn Hinweise auf die drohende Gefahr gab es genug, meint Anwalt Klauser: Touristen waren erkrankt, und es gab erste positive Tests bei Kellnern.
Auch die Abreise der Touristen am 13. März sei chaotisch gewesen, sagt Anwalt Klauser. Durch eine voreilige Ankündigung der Sperre des Paznauntales durch Kanzler Kurz sei es zu einer überstürzten Abfahrt vieler Touristen gekommen. Laut der Klage gibt es keinen Zweifel, dass sich Hannes Schopf in einem überfüllten Bus angesteckt hat.
Laut Finanzprokuratur war alles in bester Ordnung. Es gab keine Fehler der Behörde. In Zweifel gezogen wird auch, dass sich Hannes Schopf bei der Abfahrt aus Ischgl mit Corona angesteckt hat. Er und andere hätte in Ischgl bleiben und dort in Quarantäne gehen können. Selbst an den Kosten für den Grabstein für Hannes Schopf haben die Anwälte des Staates etwas auszusetzen. Witwe und Sohn hätten sich nach einem billigeren Grabstein umsehen müssen. 9000 Euro sei zu viel. Das Urteil ergeht schriftlich.
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