Das steirische Ehepaar Amra und Michael Midzan leistet in Bosnien Unvorstellbares, um armen Streunerhunden auf einer Mülldeponie zu helfen. Die „Krone“ war in Bihac mit vor Ort.
Man riecht die Deponie, lange bevor man sie sieht. Der Gestank von Verwestem, Verfaultem kriecht einem zuerst in die Nase, heftet sich darin fest, legt sich über die Haut, beißt sich ins Gewand.
Geier kreisen über Müllhalde
Der Geruch passt nicht zu dieser lieblichen Landschaft, über der Raubvögel ihre Runden ziehen. Die sich als Geier entpuppen, die kreischend über der gigantischen Müllhalde kreisen, die so groß wie sechs Fußballfelder ist, nahe der bosnischen Stadt Bihać. Wir sind da.
Und mit uns die ersten Hunde. Herzige Babys, die wir bei uns daheim in Watte packen, mit Köstlichkeiten füttern und ganz viel verwöhnen würden. Hier liegen sie auf Glasscherben, neben gebrauchten Spritzen, Plastik und kämpfen ums Überleben. Sichtlich genießen sie jede Streicheleinheit, schlingen das Futter hinunter.
„Wir können nur mehr Notfälle aufnehmen“
Sie hätten die meiste Chance auf Vermittlung, aber die Pflegestellen von Amra und Michael Midzan sind übervoll. „Wir können nur mehr die kranken oder verletzten Notfälle aufnehmen.“ Die Welpen sind die zutraulichsten - und damit am meisten gefährdet. Nicht wenige werden von den durchdonnernden Müllwägen niedergewalzt.
Oder niedergeschossen, Leute schießen hier nämlich „zum Spaß“ auf lebende Zielscheiben, die sie vorher perfid mit Futter angelockt haben. Auf Tiere, die auf sie zugelaufen sind, hungrig, hoffnungsvoll. „Fast jedes Tier, das wir zum Veterinär bringen und röntgen lassen, hat Kugeln im Körper,“ sagt Michael Midzan. Ihn überrascht hier nichts mehr.
Tritte, Schläge, Schmerzen, Qual
Diese Welpen zurücklassen zu müssen, im Dreck, hilflos, mit ihren tiefen Blicken aus dunklen Augen - für jeden Tierfreund traumatisch. Viele Hunde sehen wir gar nicht, sie kriechen erst aus der Deckung, wenn wir weg sind. Für sie bedeuten Menschen nur Tritte, Schläge, Schmerzen und Qual.
Ein Kangal, riesig und halb verhungert, stürzt sich auf das Futter. Spuren am Hals zeigen: Dieser Hund war zeitlebens an eine Kette gefesselt. Seine Ohren sind bis auf die Knochen abgeschnitten. Vielleicht konnte er sich losreißen, befreien? Eher wurde der alte Hund von den Besitzern rausgeschmissen. Entsorgt.
Suche nach Welpen
Auf die nächste Station freuen sich Michi Midzan und seine rechte Hand vor Ort, Kollege Dino Mujnovic. Eine Hundemama ist hier, die Welpen hat das Duo auf die Welt kommen, die ersten Wochen aufwachsen sehen. Etwas in Sorge sind die Tierschützer aber, letzte Woche waren die Kleinen nicht da; auch jetzt sind sie nicht zu sehen.
Wir schlagen uns durchs Gestrüpp, gehen der Mutter - und dann der Nase nach. Die herzigen Welpen - alle liegen hier, im Umkreis von fünf Metern. Tot. Von Fliegen bedeckt. Ihre verzerrten Gesichter zeigen, dass ihr Tod kein barmherziger war. Vergiftet? Von anderen Hunden totgebissen? Ein Virus? Wir werden es nie wissen. Die Mutter, mit ihrem triefenden Gesäuge, bleibt neben ihren Kindern zurück. Ihr Blick sagt alles.
Ein Baby zwischen Milliarden Fliegen
Aber es gibt auch Schönes: Wie von einem sechsten Sinn getrieben schlägt sich Michael Midzan den dichten Wald hinunter Richtung Deponie. Er spürt, hier ist etwas, er sucht verzweifelt, hört ein Winseln. Er findet ein Baby in einem Loch voller Unrat, zwischen Milliarden Fliegen. Die beiden Männer nehmen es mit in die Pflegestation, wo es bestens versorgt wird. Dieser Winzling wird überleben.
Infos und Spenden: www.einherzfuerhunde.com, hier findet man auch die Tiere, die auf ein Zuhause hoffen! Spendenkonto: AT49 4477 0166 7220 0000
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