Ex-Spion vergiftet
Gericht: Russland steckt hinter Mord an Litwinenko
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte macht Russland für den Tod des Regimekritikers Alexander Litwinenko im Jahr 2006 in London verantwortlich. Litwinenko wurde mit dem seltenen radioaktiven Stoff Polonium-210 vergiftet und starb einen langsamen Tod. Die beiden Männer, die Litwinenko vergifteten, handelten dem Anschein nach im Auftrag oder unter Kontrolle der russischen Behörden, wie das Straßburger Gericht am Dienstag mitteilte.
Da Russland sich weigere, interne Ermittlungsdokumente zu teilen, die das Gegenteil zeigen könnten, werde die Ermordung Litwinenkos Russland zugerechnet. Litwinenko starb im Alter von 43 Jahren und war ein Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sechs Jahre vor seinem Tod hatte er sich nach Großbritannien abgesetzt. Er hatte bis Ende der 1990er Jahre für die russischen Geheimdienste gearbeitet.
Das Gericht befand nun, dass die beiden Männer, die Litwinenko das Gift verabreichten, keinen persönlichen Grund hatten, ihn zu töten. In eigener Mission wären sie zudem nicht an das seltene Strahlengift gekommen. Bereits 2016 ergab eine Ermittlung britischer Sicherheitsbehörden, dass Putin eine Geheimdienstoperation zur Ermordung von Litwinenko wahrscheinlich genehmigt hatte.
100.000 Euro Entschädigung für Witwe
Auch weil Russland den britischen Gerichten nicht die notwendigen Unterlagen für die Ermittlungen zukommen ließ, verstieß es gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Leben, wie das Gericht entschied. Litwinenkos Witwe, die vor das Straßburger Gericht gezogen war, soll von Russland 100.000 Euro Entschädigung erhalten.
Russland wies die Entscheidung zurück. Es lägen noch keine Ergebnisse der Untersuchung vor. Daher seien die Aussagen des Gerichts unbegründet, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Es ist unwahrscheinlich, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über Befugnisse und technologische Fähigkeiten verfügt, um Informationen in dieser Angelegenheit zu erhalten.“
Mehrere Giftanschläge auf Kritiker
Die russische Regierung wird immer wieder beschuldigt, sich unliebsame Personen durch Gift aus dem Weg schaffen zu wollen. Zuletzt wurde der prominenteste Putin-Kritiker, Alexej Nawalny, im August 2020 mit dem verbotenen chemischen Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Er überlebte nur knapp. 2018 fand mit dem gleichen Gift ein Anschlag auf den übergelaufenen russischen Spion Sergej Skripal in der englischen Stadt Salisbury statt. Auch er überlebte. Russland wies die Anschuldigungen, hinter den Anschlägen zu stecken, stets zurück.
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