Scholz in Poleposition
Interne Debatte: Soll CDU überhaupt noch regieren?
In Deutschland wird am Tag nach der Bundestagswahl über den Regierungsanspruch der Union debattiert. Während CDU-Generalsekretär Paul Ziemak den Anspruch von Kanzlerkandidat Armin Laschet, trotz der herben Verluste bei der Bundestagswahl eine kommende Bundesregierung anzuführen, am Montag verteidigte, bezeichnete die SPD die Union als „großen Verlierer“. Aber auch innerhalb der Union gab es Kritik am Regierungsanspruch Laschets.
Vor allem im CSU-Vorstand ist deutliche Kritik laut geworden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte in der Vorstandssitzung am Montag nach Teilnehmerangaben, es habe bei der CDU Schwächen bei Kurs, Kampagne und beim Kandidaten gegeben. CSU-Chef Markus Söder schien indes den Regierungsanspruch Laschets zu relativieren, indem er in der Sitzung von einem „Angebot“ sprach. Ein solches Angebot mache man - aber es werde kein „Anbiedern um jeden Preis“ bei Grünen und FDP geben, stellte er klar. Söder wandte sich auch gegen ein Schönreden der Unions-Niederlage. Das CSU-Ergebnis sei schlecht, doch sei man mit einem blauen Auge davongekommen und stelle künftig ein Viertel der Unions-Mandate im Bundestag.
Der bayrische Junge-Union-Chef Christian Doleschal sagte in der Sitzung, man müsse „ehrlich analysieren“, dass die Union diese Wahl nicht gewonnen habe. Der Kandidat sei dabei als Erstes zu nennen: Dieser habe bis zum Wahltag jedes Fettnäpfchen mitgenommen, das es gegeben habe. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sprach intern demnach von einem bitteren Ergebnis für die Union - und erinnerte daran, dass CSU-Chef Söder im Frühjahr das Angebot gemacht hatte, selbst Kanzlerkandidat zu werden. Mit ihm hätte die Union „viel, viel besser abgeschnitten“.
Kein Regierungsauftrag?
Unterdessen brodelte es auch innerhalb der größeren Schwesterpartei CDU. Während Generalsekretär Ziemiak, Vize-Parteichefin Julia Klöckner und auch der Laschet-Rivale Friedrich Merz sich zum Plan einer Jamaika-Koalition unter Unions-Führung bekannten, distanzierten sich ostdeutsche CDU-Spitzenpolitiker wie der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer davon und sahen keinen Regierungsauftrag.
SPD kämpft für Olaf Scholz
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung bei seiner Partei. „Man muss ganz klar sagen: Die SPD liegt auf Platz eins. Wir haben die Wahl gewonnen“, so Klingbeil im ARD-„Morgenmagazin“. Die Union sei der „große Verlierer“ des Wahlabends. Aus dem Ergebnis von CDU und CSU leite sich kein Regierungsauftrag ab, sagte der SPD-Politiker. Die SPD werde in den kommenden Tagen dafür kämpfen, dass „Olaf Scholz Bundeskanzler wird“.
Die SPD wird in den kommenden Tagen dafür kämpfen, dass Olaf Scholz Bundeskanzler wird.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil
Man werde am Montag noch im Präsidium zusammenkommen, um über die nächsten Schritte zu beraten, sagte Klingbeil. „Wir wollen jetzt schnell Gespräche führen.“ Er sei außerdem gespannt auf den Verlauf der Gespräche zwischen FDP und Grünen, insbesondere auf das Verhalten der Grünen, sagte Klingbeil. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass gerade die Grünen einen Armin Laschet stabilisieren wollen, jemanden, der so deutlich die Wahl verloren hat.“
CDU/CSU mit Rekordtief
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte am Wahlabend den Auftrag zur Regierungsbildung für sich reklamiert. Nach dem vorläufigen Ergebnis stürzte die CDU/CSU nach 16 Jahren Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel mit 24,1 Prozent auf ein Rekordtief, die SPD dagegen erreiche 25,7 Prozent der Stimmen.
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