Nach fast zwei Jahrzehnten im Amt ist der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl am Sonntagabend zurückgetreten. Ein Porträt des Ausnahmepolitikers, der die Stadt geprägt hat.
Siegfried Nagl musste schon früh Verantwortung übernehmen. Er ging noch zur Schule, als seine Frau Andrea mit dem ersten Kind schwanger war. Schon mit 25 wurde er Chef des Glas- und Porzellan-Familienbetriebs Klammerth, nachdem sein Vater schwer erkrankt war.
Als Obmann der Innenstadtinitiative „InIn“ machte er erstmals von sich reden. Er war damals erst Mitte 30 - und sah zehn Jahre jünger aus. In die Politik holte ihn die damalige „Landesmutti“ Waltraud Klasnic. Als seinen politischen Ziehvater bezeichnet er aber Alfred Stingl, seinen Vorgänger als Bürgermeister - was insofern bemerkenswert ist, als er ein „Sozi“ ist.
Nagl als Landeshauptmann gehandelt
2003 trat Nagl als Spitzenkandidat an - und gewann prompt die Wahl. Er wurde danach viermal wiedergewählt und war zwischenzeitlich sogar als Schützenhöfer-Nachfolger im Gespräch.
„Graz hat dir viel zu verdanken“, tröstete ihn der Landeshauptmann nach der Wahlniederlage. Der neue Stadtteil auf den Reininghausgründen, die Modernisierung der Grazer Messe, das Kulturhauptstadt-Jahr 2003 - all das sind Projekte, die der ÖVP-Politiker umgesetzt hat.
Stadtbekannt für seinen Tatendrang
Nagl - der als konservativ gilt, für seine einnehmende Art bekannt ist und etwas Spitzbübisches an sich hat - erfand sich im Laufe der Jahre immer wieder neu: Die Murmetropole war die erste Stadt, in der eine schwarz-grüne Koalition regierte, er sprach sich für mehr direkte Demokratie aus und ließ die Grazer Bevölkerung über Vorhaben abstimmen.
Vor ein paar Jahren kursierten Rücktrittsgerüchte. Nagl hatte Herzprobleme, ihm musste ein Stent gesetzt werden. „Seitdem sportle ich täglich“, sagte der Langzeit-Stadtchef einmal.
Mehr Zeit für die Familie
Der 58-Jährige musste auch Niederlagen einstecken, wie die gescheiterte Olympia-Bewerbung. Seine bitterste Stunde aber war die Amokfahrt in der Grazer Innenstadt 2015. Damals wäre er fast selbst zum Opfer geworden, er konnte mit seiner Vespa nur knapp entkommen. Seine Betroffenheit über die schreckliche Tat war nicht gespielt.
Er wolle nun mehr Zeit mit der Familie verbringen, sagte Nagl, nachdem er seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte. Das jüngste seiner vier Kinder, Nachzügler Maximilian, ist 16. Außerdem hat er fünf Enkelkinder, mit denen er gerne Karten spielt. Mehr Zeit verbringen wird er auch in seinem Wochenendhaus in Preding.
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