Vor 30 Jahren startete Franz Viehböck mit Austromir 91 als einziger Österreicher ins All. Die Kärntnerin Natalie Victoria Lev hatte ihn als Dolmetscherin zwei Jahre im Sternenstädtchen bei Moskau begleitet.
Erst ein Österreicher war im Weltall. Am 2. Oktober jährt sich der Tag zum 30. Mal, als Franz Viehböck im Rahmen des sowjetisch-österreichischen Weltraumprojekts Austromir 91 mit zwei sowjetischen Kosmonauten vom Weltraumbahnhof Baikonur abhob. Viehböck blieb neun Tage in der Raumstation Mir. In Klagenfurt feiert Natalie Victoria Lev das Jubiläum mit. Sie arbeitete während der zweijährigen Ausbildung im Sternchenstädtchen bei Moskau als Dolmetscherin für Viehböck. Ihre Story ist aufregend.
„Etwas mit Deutsch und Sternen“
Groß geworden ist Lev als Tochter russischer Eltern in der DDR - ihr Vater war Flugingenieur, die Mama Deutschlehrerin. „Als mich meine Eltern fragten, welchen Job ich einmal haben will, antwortete ich: Ich möchte etwas mit Deutsch und Sternen zu tun haben“, erzählt Natalie. Viele prophezeiten ihr eine Musikkarriere, weil sie als Mädchen hervorragend Klavier und Gitarre spielte. Der Traum vom All sollte aber in Erfüllung gehen . . .
Dolmetsch-Ausbildung gestartet
Wegen dem Vater, der in Russland alle Staatsoberhäupter bei ihren Besuchen überwachen musste, gab es viele Übersiedlungen: Berlin, Samara, Weißrussland, Moskau. Natalie machte die Dolmetsch-Ausbildung. „In den Neunzigern hat Präsident Michail Gorbatschow die Grenzen geöffnet. In der Raumfahrt waren Dolmetscher gefragt, denn es wimmelte nur so von internationalen Gästen.“ Es gab viele internationale bemannte Projekte im Raumfahrbetrieb Energia bei Moskau. Alle sechs Monate wurde ein Astronaut mit russischen Kosmonauten für eine bestimmte Zeit zur Mir geflogen. Unter Kanzler Franz Vranitzky wurde mit Franz Viehböck erstmals ein Österreicher ausgewählt.
Bei fünf Raumflügen dabei
Und für Natalie Victoria Lev begann ein aufregendes Leben. „Mein Job begann mit Lernen für das Thema Raumfahrttechnik. Ich arbeitete als Simultan-Dolmetsch. Viehböck machte 15 medizinische und technische Experimente im All. Dafür arbeiteten 15 Teams, die ihre Aufgaben mit Dolmetschern besprochen haben. Ich war bei fünf Raumflügen dabei“, erzählt Natalie. „Es gab damals noch kein Internet, alles musste im Kopf gespeichert sein.“
Fehler duften nicht passieren. Wenn etwas Fehlerhaftes am Boden harmlos aussieht, kann es bei Schwerelosigkeit in der Raumkapsel fatal sein. „Unmengen von technischen Dokumenten wurden übersetzt, meist bis in die Nacht hinein.“
Schön und romantisch zugleich
Dolmetscher waren wie das Weltraumteam: hilfsbereit jede Minute. „Der eine hat diktiert, der andere geschrieben, unabhängig vom Gehalt. Ausländische Kollegen verdienten ein Vielfaches von unseren Löhnen. Dank meiner Schreibgeschwindigkeit in drei Sprachen - im gleichen Tempo, in dem ich Mozart-Stücke auf dem Klavier spielte - haben es die Delegationen immer rechtzeitig zum Flughafen geschafft. Wir waren stolz auf unsere Raumfahrt. Mit internationalen Teams zu arbeiten und über den Kosmos zu diskutieren, war aufregend. Welcher Job kann noch schöner und romantischer sein?“
Dank des perfekten Dolmetsch-Jobs hat Natalie ein Angebot bei einer Bank in Wien erhalten. „Endlich war ich zurück in einer Stadt, wo Deutsch gesprochen wird.“ Mittlerweile ist Natalie schon lange mit einem Kärntner verheiratet, die Kunst bestimmt heute ihr Leben. Sie malt Bilder, ist oft in ihrem Haus am Ossiacher See. Die Erinnerungen ans All sind allgegenwärtig.
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