Keine Reue

Freundin in Trafik angezündet: Lebenslange Haft

Wien
01.10.2021 15:48

Weil er seine Freundin in ihrer Wiener Trafik angezündet hatte und die Frau nach mehreren qualvollen Wochen im Spital verstarb, ist am Freitag ein 47-Jähriger wegen Mordes zu lebenslanger Haft und Einweisung verurteilt worden. Im Prozess zeigte der Angeklagte keinerlei Reue.

Die Staatsanwältin hatte vorgewarnt: „Es wird Bilder geben, die Sie so schnell nicht vergessen werden.“ Bilder aus der Überwachungskamera, die den Tathergang zeigen, aber auch Bilder, die im Kopf entstehen. Als eine Zeugin schilderte, wie sie die Trafikantin am 5. März 2021 nach dem Brandanschlag durch ihren Freund zu retten versuchte. Sie und ein junger Mann entdeckten dunklen Qualm, der aus der Trafik in der Nußdorferstraße quoll.

(Bild: Martin A. Jöchl)

Der Mann rannte zum nebenan gelegenen Supermarkt in Wien-Alsergrund, schnappte sich ein Einkaufswagerl und drosch gegen die Glastür. Die Frau zwängte sich durch den Spalt: „Ich sah nichts außer Rauch.“ Sie ging trotzdem weiter, im Hinterkopf, „dass ja etwas explodieren könnte.“ Und plötzlich tauchte da „eine Gestalt“ auf.

Die Trafik (Bild: Andi Schiel)
Die Trafik

Stille im Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichtes. Die Zeugin kämpft mit den grauenvollen Erinnerungen, Zuschauer mit den Tränen. Obwohl sie sich „zuerst gefreut hat, dass sie steht“, sei es „entwürdigend“ gewesen, sie so zu sehen: „Die Welt blieb stehen, als ich ihre Entstellungen entdeckte.“ Gehalten habe sie sie, trotz der Angst, „dass meine Berührungen sie noch mehr schädigen. Sie rang um Luft, sperrte den Mund weit auf und es kam nur schwarze Luft heraus“.

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Die Welt blieb stehen, als ich ihre Entstellungen entdeckte.

Die Zeugin, die das Opfer aus den Flammen rettete

Nadine, die 35-jährige Trafikantin, hatte nicht nur keine Chance, diesem Anschlag durch ihren Freund, den des Mordes Angeklagten, zu entgehen, sie hatte de facto auch keine Überlebenschance, sagt Gerichtsmediziner Christian Reiter: „Sie war, als sie in Brand gesteckt wurde, durch das minutenlange Drosseln mit einem Kabel bereits schwer benommen und wehrlos. Er konnte sein Werk ungestört fortsetzen.“

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Sie rang um Luft, sperrte den Mund weit auf und es kam nur schwarze Luft heraus.

Die Zeugin im Prozess

Qualvolle Schmerzen bis zum Schluss
75 Prozent der Hautoberfläche waren schwerst beschädigt, der Frau mussten ein Arm und ein Bein amputiert werden, „weil diese Körperteile abgestorben waren: Hätte sie durch ein Wunder überlebt, wäre sie ein schwerster Pflegefall geblieben.“ Dass sie trotz Dämmerschlafs auf der Intensivstation an „qualvollen Schmerzen“ litt, zeigten Blutdruck- und Pulswerte.

Warum sie noch gehen und auch den Namen des Täters nennen konnte, ist laut Reiter „eine Schockreaktion des Körpers, der sich zu retten versucht und Endorphine ausschüttet.“

Für Kollegen Daniele Risser, der die Obduktion durchführte, ist die „Verbrennungs-Krankheit“ die Todesursache: „Es kam durch die tiefreichenden Verbrennungen zu komplexen Entzündungen und Infektion und letztlich zum Multiorganversagen.“ Die Schilderung des Täters, er hätte Nadine mit Benzin nur „beträufelt“, könne so nicht stimmen - ihre Haut war „großteils wie Leder.“

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Nichts rechtfertigt diese Tat und das qualvolle Leiden dieser Frau.

Staatsanwältin Susanne Schneider

„Es ging um eine Auslöschung“
Gerichtspsychiater Peter Hofmann hält den 47-jährigen Angeklagten für zurechnungsfähig, was die Tathandlung angeht: „Es ging ihm um Auslöschung, eine inszenierte Hinrichtung und zwar genau dort, was für sie Lebensmittelpunkt war, ihre Trafik,“ Der Mann sei „hochgradig gefährlich, wenn er eine Kränkung erfährt.“

(Bild: APA/HANS PUNZ)

Schmerzensgeld für Angehörige gefordert
Die Angehörigen der 35-Jährigen - ihr Vater, ihre Mutter, eine Schwester, ein Halbbruder und drei weitere Mitglieder der Familie verfolgten getrennt vom restlichen Publikum von der Galerie des Schwurgerichtsaals aus die Verhandlung. Während der Vorführung der Videos entfernten sie sich.

Unter Berücksichtigung der besonderen Grausamkeit der Tatausführung und dass die Eltern den wochenlangen Todeskampf ihrer Tochter auf einer Intensivstation miterleben mussten, erscheine im vorliegenden Fall ein Trauerschmerzengeld geboten, das über den üblichen Schmerzengeldsätzen liegt, führte ihr Rechtsvertreter aus.

Rienmüller beantragte für den Vater, zu dem die Getötete ein besonders inniges Verhältnis hatte - sie hatte einen Wohnsitz auf seinem Bauernhof und betreute seine Pferde mit -, den Zuspruch von 50.000 Euro. Für die Mutter, die an einem Gehirntumor leidet, mehrere Operationen hinter sich hat und von ihrer Tochter gepflegt und finanziell unterstützt wurde, machte Rienmüller 60.000 Euro geltend. Mit ihrer Schwester, die sie wöchentlich sah, hatte die Trafikantin ein enges und inniges Verhältnis, die beiden verband unter anderem die Leidenschaft für Pferde. Ihr soll der Angeklagte ein Trauerschmerzengeld in Höhe von 15.000 Euro ersetzen. Nichts davon erkannten der Angeklagte bzw. sein Verteidiger an.

Die Geschworenen befanden den Angeklagten für schuldig. Er wurde zu lebenslanger Haft und Einweisung verurteilt. Der Angeklagte verzichtete auf Berufung, das Urteil ist damit rechtskräftig.

Porträt von Gabriela Gödel
Gabriela Gödel
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