Mangel auch bei uns

Warum mehr als 20.000 Lkw-Fahrer fehlen

Österreich
02.10.2021 06:00

Aktuell und durch Pensionierungen wächst die Lenker-Lücke bei den Lkws. Initiativen bei Jungen, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn sollen eine Versorgungskrise verhindern.

Von englischen Verhältnissen mit leeren Supermarktregalen und Tankstellen sind wir zwar noch entfernt, doch auch bei uns werden Lkw-Fahrer inzwischen händeringend gesucht. Es geht zwar nicht um 100.000 wie bei den Briten oder 60.000 wie in Deutschland, aber schon aktuell können die heimischen Güterbeförderer rund 8000 Stellen nicht qualifiziert besetzen!

Lenker-Lücke wächst rasant
Branchenobmann Alexander Klacska: „Es geht um etwa jeden zehnten Lenkerplatz. Und das ist erst der Beginn, wir werden in den nächsten Jahren weitere 15 bis 20 Prozent der Mitarbeiter durch Pensionierungen verlieren.“ Sechs Prozent der knapp 100.000 Fahrer sind über 60 und 36 Prozent über 50 Jahre alt. In Summe wächst die Lenker-Lücke somit rasant auf mehr als 20.000 Personen.

Immer mehr der knapp 60.000 schweren Lkw im Land stehen, weil das Personal der Branche den Rücken kehrt. (Bild: APA/FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR)
Immer mehr der knapp 60.000 schweren Lkw im Land stehen, weil das Personal der Branche den Rücken kehrt.

Etwas gebremst sieht das der zuständige Gewerkschafter Karl Delfs: „Beim AMS sind aktuell nur 1662 offene Stellen gemeldet, aber 1759 jobsuchende Fahrer – es sind also schon jetzt über 100 Leute ohne Stelle.“ Stimmt, bestätigt Branchensprecher Klacska, „aber viele Betriebe suchen über Inserate oder Social Media und nicht mehr übers AMS, weil die Bewerber leider vielfach nicht passen. Ich habe selbst in Österreich 200 Lenker und suche rund zehn.“

Folge ist, dass manche Frächter und Spediteure schon Aufträge mangels Personal ablehnen müssen. Und auch in Osteuropa, woher lange viele Fahrer geholt wurden (auch über lokale Töchter der heimischen Frächter), sind sie oft schon knapp.

Ebenso klar sind die Ursachen des Problems:

  • Der Mindestlohn (1695,40 Euro am Sattelschlepper) gehöre gleich um 15 Prozent erhöht, so Gewerkschafter Delfs. „Das wäre ein starkes Signal.“ Und es müssten dann auch alle Stunden korrekt ausbezahlt werden. Beim Grundlohn stimmt es meistens, bei den Zuschlägen seien im Schnitt nur 50 Prozent richtig abgerechnet, klagt die Gewerkschaft. Für etwas mehr Geld zeigt sich auch die Wirtschaft aufgeschlossen, es gäbe allerdings ohnehin Zulagen laut KV (15 Euro Nächtigungsgeld, 26,40 Euro Taggeld) sowie Überzahlungen. Beim AMS sind aktuell im Nahverkehr Jobs um 2300 Euro brutto, im Fernverkehr mit 2200 Euro netto/Monat ausgeschrieben.
  • Arbeitsbedingungen: Beide Seiten sind sich einig, dass diese verbessert werden müssen. Sie fordern, dass die ASFINAG von den Lkw-Mauteinnahmen von 1,5 Milliarden Euro im Jahr einen Teil für die Ausstattung der Rastplätze mit Dusch-, Koch- und Schlafmöglichkeiten verwendet. Weiters müsse die Einhaltung der Ruhezeiten sowie die illegale Praxis, dass ausländische Frächter in Österreich neue Ladung aufnehmen (Kabotage) und dadurch Löhne bzw. Preise drücken, schärfer kontrolliert werden.
  • Anreize für Einsteiger: Seit September übernimmt das AMS Wien für Leute mit C-Führerschein die Kosten für die Weiterbildung zum Berufsfahrer (C95) bzw. in Einzelfällen sogar den C-Schein. Klacska regt zudem an, dass Lehrlinge mit 16 den Schein machen und unter Aufsicht auch fahren dürfen.
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