Ruf nach Kennzeichnung

Wir wollen wissen, wo unser Essen herkommt

Klima
04.10.2021 12:15

Wir bringen unseren Kindern bei, nicht alles in den Mund zu stecken. Und was tun wir als Erwachsene? Immer mehr Österreicher wollen wissen, woher das Essen auf den Tellern kommt. Die „Krone“ ermutigt die Regierung.

Das folgende Beispiel ist leider nicht erfunden: Hühnerfleisch, das aus der Ukraine nach Österreich importiert wurde. Bei uns ließ man es dann lediglich zerlegen und marinieren. Dann landete es als österreichisches Produkt im Supermarktregal. Nirgends war erkennbar, dass das Hühnerfleisch eine so weite Reise hinter sich hat. Das Gleiche kann man haben mit dänischem Schweinefleisch in Cevapcici oder Lasagne und auch bei anderen unterschiedlich stark verarbeiteten Lebensmitteln. Damit soll jetzt Schluss sein, wenn es nach einem Übereinkommen der türkis-grünen Regierung geht. Aber die Umsetzung zieht sich leider seit vielen Monaten.

(Bild: ©elmar gubisch - stock.adobe.com)

Ei aus der Ukraine und Pute aus Ungarn
Ein weiterer großer Brocken dieses Abkommens, das irgendwann hoffentlich Gesetz wird, ist die Regelung, die Herkunft der Zutaten - ganz besonders bei Fleisch, Eiern und Milch - für den Gast in der Speisekarte ersichtlich zu machen. Ausverhandelt ist eine Regelung, die gesetzlich vorschreibt, dass österreichisches Fleisch in Zukunft auch als solches angeschrieben sein muss. Ein erster Mini-Erfolg, aber nur in Kantinen von Bund und Ländern und in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Dennoch: Es geht da immerhin um 1,8 Millionen Essen pro Tag.

Aber, warum nicht gleich ordentlich und überall? Bei unseren Schweizer Nachbarn ist es seit Jahren Gesetz, dass bei Fleisch klar angegeben sein muss, aus welchem Land es kommt - keine so schwammige Angabe wie „EU/nicht EU“. Die „Krone“ hat recherchiert, wie das in der Praxis ist. Und tatsächlich kann man z. B. der Speisekarte des Restaurants Sonnenberg in Zürich entnehmen, dass das verwendete Kalbfleisch aus der Schweiz, das Rindfleisch aus Irland, Australien oder der Schweiz und die Crevetten auf dem feinen Quinoa-Salat aus Vietnam stammen.

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Eine solche Regelung ist natürlich nicht immer schmeichelhaft für den Gastronomen - so wie der verpflichtende Hinweis, dass das „Flannery Beef“ aus den USA „Antibiotika und/oder Hormone enthalten kann“. Aber eigentlich sollte klar sein, dass man diese Information den zahlenden Kunden schuldig ist. Und zwar ohne zeitaufwendig den Küchenchef an den Tisch holen zu müssen und damit für schlechte Stimmung zu sorgen. Leider gibt es einen feinen Unterschied zwischen der Schweiz und uns: Die Schweiz ist nicht in der EU.

Österreich könnte mit etwas Mut Vorreiter sein
Glaubt man Olga Voglauer, Österreichs grüner Landwirtschaftssprecherin, dann verbietet die EU - noch - aus Wettbewerbsgründen eine solch klare Kennzeichnung: „Das nationale Gesetz darf vorschreiben, dass Fleisch aus Österreich zu kennzeichnen ist. Es darf aber nicht vorschreiben, auch z. B. den Sushi-Lachs aus Norwegen anzugeben. Da macht die Wettbewerbsbehörde der Union nicht mit.“ Freiwillig wäre es aber möglich.

(Bild: APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas)

Nur: Welcher Hüttenwirt gibt schon freiwillig an, dass das Fertig-Ei aus dem Tetrapack für den „Kaiserschmarrn im Pfandl“ aus der Ukraine stammt? Ein Beispiel, das leider auch der gängigen Praxis entspricht. Aber man muss die EU-Regeln ja nicht unwidersprochen hinnehmen. Österreich könnte einmal (mehr) Vorreiter sein. Dazu braucht es aber mehr Mut für die gute Sache. Mut im eigenen Land, sich nicht von Interessensgruppen unter Druck setzen zu lassen. Und Mut auf EU-Ebene, wenn demnächst die Landwirtschaftsminister zusammenkommen, um die Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel neu zu verhandeln.

Was wird Österreich da fordern? So vereinheitlichend uns die EU-Regeln erscheinen, so individuell ist aber oft die Umsetzung der Länder in der Praxis. Viel ist Auslegungssache, und auch eine klare Herkunftskennzeichnung wäre wohl - mit Österreich als Vorreiter - mit Fingerspitzengefühl machbar.

Sehr viele Wirte fänden eine Kennzeichnung gut
Einer, der sich auskennt, ist Michael Veshely. Er hat jahrelang in Wien ein Gasthaus geführt und entwickelt jetzt gastronomische Projekte im Weinviertel: „Man kann die Gastronomen hierzulande nicht alle über einen Kamm scheren. Schauen Sie nach Italien. Dort sind die Gesetze so, dass Tankstellen und Möbelhäuser kein zubereitetes Essen anbieten. Bei uns gibt’s da einen derartigen Wildwuchs, wenn’s um möglichst billiges Essen geht. Daher gibt es viele Wirte, die eine klare Herkunftskennzeichnung gut fänden.“ Für Österreichs Bauern gilt das allemal. Denn es geht nicht nur um gutes Essen, sondern auch um Arbeitsplätze im Land.

Tobias Micke

Porträt von Kronen Zeitung
Kronen Zeitung
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