Als BMW vor drei Jahren den Vison iNext vorgestellt und dazugesagt hat, der sei ganz nah am Serienmodell, haben das nicht viele geglaubt. Wir alle wurden eines Besseren belehrt - mit dem BMW iX. Er ist das elektrische Aushängeschild der Münchner und soll sie in die elektrische Zukunft führen. Obwohl er viel mehr mit Gegenwart als mit Zukunft zu tun hat.
Abgespacet und futuristisch ist die Optik, die Front noch polarisierender als die Riesennieren aktueller BMW-Modelle vom Facelift-7er bis zum 4er, die Wurzeln stecken in der Vergangenheit, während die Zukunft hier nur teilweise mitfährt.
Der BMW iX soll ein Leuchtturmprojekt sein, ein Blickfang, ein Aushängeschild ohne Bezug zum übrigen Modellprogramm. Ja, tatsächlich. Wer glaubt, dass der iX auf einer neuen Plattform aufbaut, welche die nächsten Elektrofahrzeuge der BMW Group trägt, der täuscht sich. Er wurde von Grund auf als Einzelstück konstruiert, nicht als Basis für andere Modellreihen. Die neue Plattform kommt erst mit der sogenannten „Neuen Klasse“, die für das Jahr 2025 zu erwarten ist.
Wie ein i3 in groß und mächtig
So gesehen ist der iX mit dem seit 2013 verkauften BMW i3 vergleichbar. Auch er war technisch outstanding, sogar noch viel mehr als der iX, der sogar optische Anleihen an dem Carbon-Kleinwagen nimmt, siehe die durchbrochenen C-Säulen. Vor allem aber hat auch der iX Rahmenteile aus Carbon. Zwar keinen kompletten Kohlefaser-Rahmen, aber immerhin so viel, dass die Karosserie 50 Kilogramm leichter ist als die des BMW X5.
Mit dem teilt sich der iX Länge und Breite, während die Höhe eher dem X6 entspricht. Obwohl er als reines Elektroauto konzipiert ist, ist das Raumangebot nicht klassenspringend sensationell. Der Kofferraum: 500 bzw. 1750 Liter, auch das ist X5-Format. Im Innenraum geht es aber schon opulent zu. Platzmäßig jedenfalls.
In Sachen Bedienelemente sieht es eher karg und reduziert aus, es gibt kaum noch Knöpfe. Fast alles ist über das neue Curved Display zu bedienen, das sich aus einem 12,3-Zoll-Tachodisplay und einem 14,9-Zoll-Touchscreen zusammensetzt. Das Operating System 8 feiert hier Premiere, teilweise leider sehr unübersichtlich. Auch die Klimaregulierung muss man ins Menü. Und einen dicken Bock haben sie auch geschossen: Man kann den Klimakompressor nicht mehr abschalten, man wird also zwangsklimatisiert, wenn man die Heizung/Lüftung nicht komplett deaktiviert. Sie haben aber inzwischen gemerkt, dass das eine Fehlentscheidung war. Im Sommer 2022 wird die Abschaltmöglichkeit per Over-the-Air-Update aufgespielt.
Karg ist allerdings missverständlich, denn es soll hier nicht ärmlich bedeuten. Nein, der Innenraum wirkt elegant. Seine Gestaltung ist ohne Beispiel bei BMW. Eine halb schwebende Mittelkonsole, davor ein freier Durchstieg, darunter ein Fach, obenauf eine hölzerne Bedienfläche samt Automatikhebelchen und Lautstärkewalze. Man drückt aufs Holz statt auf Plastiktasten. Die Fahrmodustasten sind einer „My Mode“-Fläche gewichen, zum Aufrufen eines Fahrmodus braucht man den Bildschirm.
Verstecken von Funktionen nervt
Wie auch für vieles andere. Einfach mal schnell von Adaptivtempomat auf Tempomat umschalten? Spielt’s nicht mehr. Das geht nur noch umständlich im Menü. Andere Dinge sind ganz weggefallen. Etwa das Abrufen einer zuvor im Tempomat gespeicherten Geschwindigkeit. Als hätten sie sich diesbezüglich Tesla zum Vorbild genommen. BMW hätte am liebsten, dass man alles automatisch passieren lässt. Schließlich kann der BMW iX von ganz allein das aktuelle Tempolimit übernehmen (wenn er es erkennt, sonst ist es das falsche). Dazu kann man eine regelmäßige Abweichung voreinstellen.
Den Luxus, ein wenig kindisch zu sein, erlaubt sich der iX auch: Das Lenkrad ist sechseckig. Damit kann man zurechtkommen, praktisch ist es nicht. Vielleicht will BMW mit den sechs Ecken auf sechs Zylinder anspielen. Gut dass es wenigstens nicht achteckig ist, so hat man immerhin noch einigermaßen günstige Handpositionen. Statt Zylindern gibt es hier Elektromotoren, genauer gesagt je eine stromerregte Synchronmaschine, die bauartbedingt ohne Seltene Erden auskommt. Im Basismodell xDrive40 leisten sie zusammen 326 PS, nächstes Jahr folgt der iX M60 mit über 600 PS, im hier gefahrenen xDrive50 sind es 385 kW oder 523 PS. Damit wuchtet sich der 2,5-Tonner in nur 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei 200 wird abgeregelt.
Schäden in der Kunststoffniere lassen sich mit dem Fön reparieren:
Keine Reichweitenangst
Um die WLTP-Reichweite von 630 Kilometer zu erreichen, muss man sich etwas zügeln. Über 500 Kilometer sind aber absolut drin, auch wenn man sich nicht kasteit. Sehr praktisch: Der „Reichweitenhorizont“ am Display zeigt drei verschiedene Reichweiten an: 1. wenn man weiterfährt wie bisher 2. bei maximaler Sparsamkeit und 3. bei extremem Verbrauch. Die 400-Volt-Batterie hat eine Kapazität von 105,2 Kilowattstunden netto und lässt sich mit bis zu 200 Kilowatt aufladen. Am Schnelllader lassen sich in zehn Minuten bis zu 150 Kilometer Reichweite tanken, in 35 Minuten ist ein bis auf 10 Prozent entladener Akku wieder auf 80 Prozent. Mit Wechselstrom gehen sich nur 11 kW aus, was ziemlich mager ist für das BMW-Flaggschiff. Aber immerhin soll es irgendwann die Option auf 22 kW geben.
Der BMW iX ist ein absoluter Leise-Reise-Gleiter. Von den E-Motoren ist nichts zu hören, auch unter Volllast. So kann jede Fahrt zur Entspannung beitragen, auch weil sich das Fahren generell wie Gleiten anfühlt. Trotzdem fährt sich der Wagen auch durchaus behände, vor allem im Sportmodus.
Ab 13. November steht der BMW ix beim Händler. Die Preisliste beginnt bei 79.350 Euro für den BMW iX xDrive40 mit 71-kWh-Akku und 425 km Reichweite. Der iX xDrive50 kostet mindestens 96.150 Euro.
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