Nach den Antisemitismusvorwürfen gegen ein Leipziger Hotel durch den Musiker Gil Ofarim prüfen Polizei und Staatsanwaltschaft mehrere Anzeigen. Ofarim äußerte sich am Mittwoch enttäuscht, dass er bisher keine Entschuldigung des Hotels erhalten habe. Er habe sich jedoch über die vielen positiven Reaktionen gefreut, die sein Video insgesamt ausgelöst habe. Darin schilderte er, dass ihn ein Hotelmitarbeiter am Montag aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen.
Der Hotelmitarbeiter hat laut Polizei nun seinerseits Anzeige erstattet wegen Verleumdung. Er schildere den Vorfall deutlich anders als der Künstler.
„Es war einmal zu viel“
Ofarim sagte am Mittwochmorgen in einem Gespräch bei Bild TV, er habe von dem Hotel „The Westin Leipzig“ bisher keine Entschuldigung erhalten. „Mein Management hat nur eine E-Mail bekommen, dass man sich mal austauschen wollen würde, mal reden. Aber ich habe weder eine Stellungnahme bekommen zu diesem Fall, ich habe keine Entschuldigung bekommen, gar nichts!“
Ich hätte mir gewünscht, dass jemand den Mund aufgemacht hätte. Ich wünschte, ich wäre nicht alleine gewesen, dass andere Gäste sich für mich eingesetzt hätten. Keiner hat etwas gesagt.
Gil Ofarim
Er beklagte zudem, dass er von anderen Gästen des Hotels keine Unterstützung bekommen habe. „Ich hätte mir gewünscht, dass jemand den Mund aufgemacht hätte. Ich wünschte, ich wäre nicht alleine gewesen, dass andere Gäste sich für mich eingesetzt hätten. Keiner hat etwas gesagt“, so der Musiker.
„Es ist nicht der erste Vorfall in meinem Leben, an dem ich konfrontiert worden bin mit Fremdenhass, mit Antisemitismus. Aber ich glaube: Es war einmal zu viel“, sagte Ofarim. „Ich bin froh, dass ich das gemacht habe. Ich finde, man soll einfach nicht mehr die Klappe halten und das über sich ergehen lassen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass ich nicht alleine gewesen wäre in dem Moment, und hätte mir gewünscht, dass andere Gäste das vielleicht mitgehört hätten.“
Hotelmitarbeiter erstattete Anzeige
Der Sprecher der Leipziger Polizei, Olaf Hoppe, sagte am Mittwoch, dass Gil Ofarim bisher keine Anzeige erstattet habe. Allerdings sei eine Onlineanzeige eines unbeteiligten Dritten wegen Volksverhetzung eingegangen. Der beschuldigte Hotelmitarbeiter habe indes Anzeigen wegen Verleumdung und Bedrohung gestellt. Er habe den Vorfall „deutlich abweichend von den Auslassungen des Künstlers dargestellt“.
Zudem hätten sich Menschen in den sozialen Netzwerken völlig entfesselt gegenüber dem Hotelpersonal geäußert. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft hätten sämtliche Ermittlungen aufgenommen. „Nun gilt es abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben und was tatsächlich an dem Tag geschehen ist“, sagte Hoppe.
Mitarbeiter wurden beurlaubt
Das Hotel „The Westin Leipzig“ hat unterdessen zwei Mitarbeiter beurlaubt. Dies gelte zunächst für die Dauer der Ermittlungen, sagte eine Sprecherin der Marriott-Gruppe am Mittwochmorgen. Unterdessen kritisierte der Zentralrat der Juden eine Reaktion des Hotels. „Nach der antisemitischen Anfeindung gegen einen Juden in Deutschland fällt dem Hotel nichts anderes ein, als die israelische Flagge und Symbole des Islam auf ein Banner zu drucken“, sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, der dpa.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hotels hatten am Dienstagabend bei einer Solidaritätskundgebung vor dem Gebäude ein Banner hochgehalten, auf dem neben dem Hotelnamen auch die Flagge Israels und der islamische Halbmond zu sehen waren.
Mitarbeiter forderte: „Packen Sie Ihren Stern ein“
Ofarim hatte in einem am Dienstag veröffentlichten Instagram-Video berichtet, beim Einchecken von Mitarbeitern nicht berücksichtigt worden zu sein. Er erzählte, wie er sich in eine Schlange eingereiht habe. Immer wieder seien Personen vorgezogen worden. Als er nach 15 Minuten an der Reihe gewesen sei, habe er gefragt, was das solle. Der Mitarbeiter habe geantwortet: „Um die Schlange zu entzerren“, dabei habe Ofarim ja selbst darin gestanden. Daraufhin habe „irgendeiner aus der Ecke“ gerufen, dass er seinen Davidstern, den er an einer Kette trug, einpacken solle. Auch der Hotelmitarbeiter habe gesagt: „Packen Sie Ihren Stern ein.“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.