Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Mittwochnachmittag bestätigt, dass sie gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und neun weitere Beschuldigte sowie drei nicht namentlich genannte Verbände wegen Korruptionsverdacht ermittelt. Es geht um den Verdacht der Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung. Konkret soll für ÖVP-genehme Berichterstattung Steuergeld an die Mediengruppe „Österreich“ geflossen sein. Im Zuge der Ermittlungen gab es - wie berichtet - Razzien in Kanzleramt und Finanzministerium. Laut Medienberichten soll es auch eine Durchsuchung in den Räumlichkeiten des „Österreich“-Verlagshauses gegeben haben.
Die Korruptionsjäger gehen dabei dem Verdacht nach, dass Steuergeld für die Finanzierung von „ausschließlich parteipolitisch motivierten, mitunter manipulierten Umfragen im Interesse einer politischen Partei“ verwendet worden sein soll, heißt es in einer Mitteilung der WKStA.
Im Wesentlichen geht es bei den Vorwürfen um die Zeit vor der ÖVP-internen Machtübernahme von Kurz im Jahr 2017. Damals war Reinhold Mitterlehner noch Chef der Volkspartei. Nach Ansicht der Ermittler sollen damals Umfragen im Interesse von Kurz und dessen Umfeld per Scheinrechnungen als Leistungen für Studien des Finanzministeriums abgerechnet worden seien: Das Finanzministerium soll also aus Amtsmitteln Umfragen für das „(partei)politische Fortkommen“ von Kurz bezahlt haben. Davon leiten die Ermittler das Delikt der Untreue ab.
Verdacht: Zahlungen gegen geschönte Umfragen
Die Umfrageergebnisse wurden laut WKStA in Medien der Mediengruppe „Österreich“ veröffentlicht, ohne als Anzeige deklariert worden zu sein. Nach der Verdachtslage seien im Gegenzug dafür im Rahmen von Medien- und Inseratenkooperationen Zahlungen an das Medienunternehmen geleistet worden.
„Die Zahlungen für diese Kooperationen waren - nach der Verdachtslage - im Wesentlichen verdeckte Gegenleistungen für die den Beschuldigten tatsächlich eingeräumten Einflussmöglichkeiten auf die redaktionelle Berichterstattung in diesem Medienunternehmen“, erklärte die WKStA. Nun werde man die bei den Razzien sichergestellten Beweismittel sichten, auswerten und weitere Ermittlungen durchführen.
Auch Fellner im Fokus der Ermittler
In der Anordnung zur Hausdurchsuchung, die der APA vorliegt, werden insgesamt zehn Verdächtige genannt, allen voran Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der ehemalige Generalsekretär und Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Im Fokus der Ermittler befinden sich daneben auch die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin, Kanzlersprecher Johannes Frischmann, Medienbeauftragter Gerald Fleischmann, ÖVP-Berater Stefan Steiner, Finanzministeriums-Sprecher Johannes Pasquali, Meinungsforscherin Sabine Beinschab und Helmuth Fellner, der jüngere Bruder des „Österreich“-Herausgebers. Als Verdächtige geführt werden auch die ÖVP und die Mediengruppe Österreich.
Inserate sollen über eine Million gekostet haben
Laut WKStA geht es nicht nur um geschönte Umfrageergebnisse, sondern auch um eine „die Interessen von Sebastian Kurz und der Gruppe seiner Vertrauten fördernden Kommentierung durch Wolfgang Fellner oder andere Akteure“. Die Gesamtkosten der Inserate, die keinen Bezug zur Tätigkeit des Finanzministeriums gehabt hätten, sollen dabei eine Million überstiegen haben. Dadurch sollen die Tatbestände Bestechung und Bestechlichkeit erfüllt sein.
Kurz soll Schmid mit Kooperation beauftragt haben
Kurz persönlich wirft die WKStA vor, den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, mit der Organisation und den Verhandlungen sowie mit der Kooperation mit der Mediengruppe beauftragt und sich regelmäßig berichtet haben zu lassen. Ferner soll der Kanzler die ehemalige Ministerin Karmasin überredet haben, sich an Tathandlungen zu beteiligen, indem er einzelne Fragestellungen in Auftrag gegeben und auf deren Veröffentlichung hingewirkt habe. Diese hätten aber „ausschließlich parteipolitischen Zwecken“ gedient.
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