Will im Amt bleiben

Sebastian Kurz wackelt und pokert

Politik
08.10.2021 06:00

Die Korruptionsermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engstes Umfeld erschüttern die türkis-grüne Regierung. Die Grünen stellen die Handlungsfähigkeit des Kanzlers infrage. Die Opposition fordert dessen Rücktritt. Dieser klammert sich an sein Amt. Sein Ass: Er spielt den Ball zurück an die Grünen

Der Tag nach dem politischen Erdbeben am Mittwoch begann mit dem Ende der 24-stündigen Schrecksekunde der Grünen. Vizekanzler Werner Kogler lässt wissen: „Die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund infrage gestellt.“

Was war geschehen? Der Anlass für Koglers Worte sind Korruptionsermittlungen. Die Vorwürfe wiegen schwer: Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Es geht um gefällige Berichterstattung der Mediengruppe „Österreich“ im Austausch für Inserate des Finanzministeriums sowie aus Steuergeld finanzierte Umfragen zum Vorteil von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Im Zentrum der Affäre stehen der Regierungschef und weitere neun Personen, unter ihnen mehrere Vertraute des Kanzlers.

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Der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden. Die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund infrage gestellt.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)

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Genug ist genug. Was muss noch passieren, bis Kurz sein Amt niederlegt? Er kann es nicht mehr ausführen, ohne dass das Amt und Österreich Schaden nehmen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner

Die Korruptionsermittlungen haben auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf den Plan gerufen. Das Staatsoberhaupt lud alle Parteichefs zu Einzelgesprächen. Den Anfang machte Kogler, ihm folgte Kurz. Unmittelbar vor seinem Termin stellte Kurz klar, dass er nicht an Rücktritt denkt und die Koalition mit den Grünen fortsetzen will. Kurz pokert - und spielt den Ball zur Zukunft der Regierung an die Grünen weiter, die eigentlich darauf hofften, dass dieser sich zurückzieht, bis über eine Anklage entschieden ist.

Die ÖVP versucht, den Kanzler im Amt zu halten
Die ÖVP versucht, Kurz mit aller Kraft im Amt zu halten. In einer gemeinsamen Erklärung stellten alle türkisen Regierungsmitglieder klar: „Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben.“ Damit reagierten sie auf Aussagen der Grünen, wonach die Zusammenarbeit zwar mit der ÖVP, nicht aber mit Kurz vorstellbar sei.

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Die FPÖ ist für Gespräche offen. Die Schäden, die unser Land durch das Kurz-System erlitten hat, müssen rasch behoben werden.

FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl

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Kurz erkennt offenbar nicht, wie sehr seine sture Haltung ,Es ist ja nix passiert' dem Ansehen dieses Landes und dem Amt schadet.

NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger

Die ÖVP-Landesparteiobleute, die am Abend zu einer Krisensitzung nach Wien eilten, stellten sich in einer gemeinsamen Erklärung - wie zuvor auch schon die Bünde-Obleute - hinter Kurz. Doch der Rückhalt in den Ländern bröckelt - das ist aus kritischen bis distanzierten Wortmeldungen der Landeshauptleute herauszuhören. Auch in Teilen der Basis, mitunter auf Bürgermeisterebene, rumort es gewaltig.

Die Korruptionsermittlungen werden auch ein Nachspiel im Parlament in Form einer Sondersitzung am Dienstag haben. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS fordern geschlossen den Rücktritt des Kanzlers. Sollte dieser nicht zurücktreten, wird die Opposition einen gemeinsamen Misstrauensantrag stellen - Erfolg hat dieser nur, wenn die Grünen dafür stimmen.

Über die weitere Vorgangsweise wollen Kogler und Klubobfrau Sigrid Maurer ohnehin mit den Klubchefs der Oppositionsparteien beraten - und zwar am Freitag.

Porträt von Sandra Schieder
Sandra Schieder
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