Van der Bellen betont:

„Österreich kann sich keine Egoismen leisten“

Politik
08.10.2021 17:43

Die seit Mittwoch bekannt gewordenen Korruptionsermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und die Österreichische Volkspartei haben für ein politisches Beben im Land gesorgt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen lud daraufhin alle Parteichefs zu persönlichen Gesprächen, um auszuloten, wie nun weiter vorgegangen werden soll. Es handle sich um „eine Regierungskrise, keine Staatskrise“, stellte der Bundespräsident schließlich in einer Fernsehansprache am Freitagabend klar. Er werde nun „mit Argusaugen“ darüber wachen, dass die Handlungsfähigkeit des Landes weiter gegeben ist. 

„Sie fragen sich in diesen Stunden vielleicht: Was ist denn jetzt schon wieder passiert?“, leitete Van der Bellen seine Rede zur Nation am Freitag ein. Die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers sei infrage gestellt, betonte das Staatsoberhaupt schließlich die Tragweite der aktuellen Situation.

Gleichzeitig versuchte er aber auch zu beruhigen: „Die Republik kommt sicher nicht aus dem Gleichgewicht.“ Unsere Demokratie sei für alle möglichen Situationen gerüstet, die „unerschütterliche Bundesverfassung“ würde auch diesmal dafür sorgen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht die österreichische Verfassung „auch für diese Situation“ gerüstet. (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht die österreichische Verfassung „auch für diese Situation“ gerüstet.

Justiz soll weiter unabhängig ermitteln
Die im Raum stehenden, schweren Anschuldigungen müssten nun aufgeklärt werden. Es sei Aufgabe der Justiz - unabhängig vom Ansehen der Person -, den Vorwürfen nachzugehen. Man wisse derzeit nicht, ob diese Ermittlungen zu Anklagen führen. Bis zu einem möglichen Urteil gelte natürlich die Unschuldsvermutung. 

„Ein Sittenbild, das der Demokratie nicht guttut“
Van der Bellen machte aber auch keinen Hehl daraus, dass er andere Erwartungen an Personen mit politischer Verantwortung habe. Die aufgetauchten Nachrichten würden von einem Sittenbild zeugen, „das der Demokratie nicht guttut“. In dieser Phase sei es nun wichtig, dass alle Parteien an das Wohl des Landes denken und etwaige Parteiinteressen dabei hintanstellen.

Er werde als Bundespräsident keine öffentlichen Ratschläge erteilen, aber „mit Argusaugen darüber wachen, dass die Handlungsfähigkeit und Integrität des Landes nicht in Gefahr geraten“. Die Entscheidung „wie es weitergeht“, liege nun in der Verantwortung des Nationalrats.

Im Raum stünden schwerwiegende Verdachtsmomente, so der Bundespräsident. (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Im Raum stünden schwerwiegende Verdachtsmomente, so der Bundespräsident.

Showdown im Parlament
Für Dienstag ist schließlich in einer eigens einberufenen Sondersitzung ein neuerlicher Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz angekündigt. Das Parlament „vertritt dabei Sie, liebe Wählerinnen und Wähler“, stellte Van der Bellen klar, dass er sich von den Abgeordneten erwartet, nur im Interesse des Volkes zu handeln.

Grüne suchen Ausweg, FPÖ pokert
Indessen sind am Freitag die Verhandlungen der Parteien über die weiteren Schritte vorangeschritten. Die Grünen lehnten sich dabei deutlich vehementer als bisher gegen den unter Beschuss geratenen ÖVP-Chef Kurz als Kanzler auf. Es brauche nun eine „untadelige Person“ aus der ÖVP, um weiter in der Regierung bleiben zu können.

Auch über andere Koalitionsmöglichkeiten wurde zuletzt eifrig diskutiert - hier lässt aber FPÖ-Chef Herbert Kickl wohl nur wenig Spielraum zu. Er sprach sich am Freitag dezidiert sowohl gegen eine mögliche Expertenregierung oder Dreierkoalition aus SPÖ, NEOS und Grünen - unter Duldung der FPÖ - aus.

ÖVP steht weiter hinter Kurz
Auch ein freiwilliger Rückzug des Bundeskanzlers scheint nach seinen Aussagen in den letzten Tagen vollkommen ausgeschlossen - dazu stellte sich die ÖVP „geschlossen“ hinter Kurz als Parteiobmann. Eine Regierung ohne ihn als Kanzler werde man nicht unterstützen, verlautbarte die Partei am Donnerstag.

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