Söldner für das Grobe
Putins Schattenarmee: Die „Gruppe Wagner“
Seit den Aufregungen um Söldner in dem afrikanischen Staat Mali, vorher um jene in Libyen und Syrien, rückt eine geheimnisvolle Geistertruppe in den Mittelpunkt internationaler Spekulationen. Neugierige Journalisten, die dazu recherchieren, sterben mysteriöse Tode. Der Kommandant liebt Wagner-Musik. Wer steckt hinter diesen russischen Söldnern? Alles deutet auf einen Oligarchen als Drahtzieher - mit dem Spitznamen „Putins Koch“.
Die russische Söldnertruppe „Gruppe Wagner“ dürfte es laut den russischen Bestimmungen eigentlich gar nicht geben, und Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow bestreitet jegliche Verbindungen. Privat-Milizen sind offiziell verboten. Er spricht von einer „Sicherheitsfirma“, die selbstverständlich überall auf der Welt ihre Dienste anbieten könne. Aber die „Gruppe Wagner“ ist offensichtlich doch nicht so privat. Die Elitekämpfer tauchen überall dort auf, wo der Kreml etwas militärisch durchsetzen, aber öffentlich damit nichts zu tun haben will.
Söldner der geheimen „Gruppe Wagner“ bzw. ihres halb offiziellen Ablegers „Sewa Security Group“ kämpfen in verschiedenen Ländern, in denen Russland Krieg führt oder Interessen hat – etwa in der Ukraine, in Syrien und Libyen, im Sudan, in der Zentralafrikanischen Republik und in Mozambique. Und sie hinterlassen keine Spuren. Wie zum Beispiel im „Sprung“ nach Syrien, wo Russland 2015 offiziell nur mit der Luftwaffe an der Seite von Diktator Assad in den Krieg eintrat. Später wurden dann doch Todesfälle russischer Militärs am Boden zugegeben.
Unklar ist, wie viele „Wagner“-Söldner in Syrien gefallen sind. Es dürften Hunderte sein; zahlreiche allein bei dem Versuch, im Februar 2018 eine von den Assad-Gegnern gehaltene Ölanlage unter Kontrolle zu bringen. Sie wurden von der amerikanischen Luftwaffe zurückgeschlagen.
„Wagner“-Söldner werden auf einem Gelände des Militärgeheimdienstes GRU im südwestrussischen Gebiet Krasnodar für ihre gefährlichen Einsätze trainiert. Es sind Männer mit Erfahrung in Sicherheitskräften. Der Sold beträgt umgerechnet 3000 Euro im Monat; in Russland enorm viel Geld. Den wirklichen Profit schöpfen Hintermänner ab. Sie erhalten im Einsatzgebiet wirtschaftlichen Zugang zu Rohstoffen, Gold und Diamanten – etwa in Afrika.
„Wagner“ ist der Spitzname des Chefs
Auf mysteriöse Weise wurden 2018 in der Zentralafrikanischen Republik drei russische Reporter erschossen, die „Wagner“ auf der Spur waren. Im gleichen Jahr fiel auch der russische Investigativjournalist Maxim Borodin vom Balkon im fünften Stock.
Der Name „Gruppe Wagner“ geht zurück auf den Spitznamen ihres Kommandeurs, des früheren Offiziers des Militärgeheimdienstes GRU, Dmitrij Utkin, dem eine Vorliebe zur Musik von Richard Wagner nachgesagt wird. Das kam bei einer Ehrung als „Held des Vaterlandes“ durch Präsident Putin zur Sprache.
„Wagner“ wurde erstmals 2014 bei den Kämpfen in der Ostukraine eingesetzt, wo der Kreml jegliche Einmischung dementiert. Ein Jahr später tauchte „Wagner“ auf den Schlachtfeldern in Syrien auf. Inzwischen sind die „Privat“-Söldner in verschiedenen Krisengebieten im Einsatz. Sie waren in Mali zum Streit mit dem Westen, als das Firmenimperium des Drahtziehers der „Gruppe Wagner“, des Putin-Oligarchen Jewgenij Prigoschin, in Afrika ins Bergbaugeschäft einstieg – auch dort nur als Strohmann des Kreml?
Die Fäden zieht ein Putin-Oligarch
Jewgenij Prigoschin wird auch „Putins Koch“ genannt, weil sein Aufstieg mit einem Luxusrestaurant begann, das der Präsident gerne besuchte. Im Jahre 2002 brachte Putin den damaligen US-Präsidenten Bush mit in Prigoschins Sankt Petersburger Restaurant. Später gründete Prigoschin die Catering-Firma „Concord“. Bald bekam er große Staatsaufträge, belieferte Kindergärten, Schulen und die gesamte russische Armee. Er richtete die Kreml-Bankette aus. Heute ist er Milliardär – auch durch Aufträge aus dem Verteidigungsministerium.
Jewgenij Prigoschin soll überdies der Organisator jener „Troll-Fabrik“ in Sankt Petersburg sein, welche die sozialen Netzwerke mit Kreml-Propaganda und Fake News überschwemmt. Das US-Finanzministerium macht Prigoschin für die Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 verantwortlich, wo durch Hacks von politisch kompromittierenden Mails von Hillary Clinton eindeutig für Donald Trump Partei ergriffen wurde. Die USA setzten danach Prigoschin auf die Sanktionsliste. Dennoch kann er sich einen internationalen Jetset-Lifestyle leisten.
„Privat“-Milizen sind zuletzt im internationalen Kriegsgeschehen immer mehr „in Mode“ gekommen. Sie werden von den Staaten vorgeschoben, weil sie sich an keine völkerrechtlichen Regeln halten müssen. Sie können nach Lust und Laune foltern und massakrieren.
Im November 2019 identifizierten laut Wikipedia Journalisten der „Nowaja Gaseta“ auf einem Video im Internet einen russischen Staatsbürger als „Wagner“-Söldner, der dabei zu sehen ist, wie er 2017 gemeinsam mit Kameraden an einer Tankstelle der syrischen Stadt Homs einen Syrer zu Tode foltert. Der Syrer war vermutlich aus der Assad-Armee desertiert und wurde von den offensichtlich betrunkenen „Wagner“-Leuten erst mit einem Vorschlaghammer traktiert und anschließend mit einem Feldspaten geköpft. Der Leiche wurden die Arme abgetrennt, und der Körper wurde dann mit einem Brandbeschleuniger übergossen und angezündet.
Die USA hatten im Irak- und Afghanistan-Krieg die private Söldnertruppe „Blackwater“ eingesetzt, die durch zahlreiche Kriegsverbrechen zu zweifelhaftem Ruhm gelangte.
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