Wahl in Tschechien
Nach Niederlage: Babis-Partei geht in Opposition
Die liberalpopulistische, bisher regierende Bewegung ANO des tschechischen Premierministers Andrej Babis hat den Gang in die Opposition angekündigt. Dies teilte der bisherige ANO-Klubobmann im Abgeordnetenhaus Jaroslav Faltynek am Dienstag mit - Er soll künftig stellvertretender Klubchef werden. „Wir können bis 108 zählen, sodass wir damit rechnen, dass wir in die Opposition gehen“, sagte Faltynek in Anspielung auf die Mehrheitsverhältnisse im neu gewählten Parlament.
Zwei oppositionelle Wahlbündnisse haben 108 Stimmen in der 200-köpfigen Parlamentskammer und haben den Willen bekundet, gemeinsam eine Regierung zu bilden. ANO hat damit praktisch keine Chance mehr, eine Mehrheit zu gewinnen, auch wenn sie die stärkste Fraktion haben wird. Faltynek versprach, dass ANO die Übergabe der Macht nicht blockieren wolle. „Das wäre nicht weise. Wir wollen, dass eine neue Regierung zu einem vernünftigen Termin etabliert ist“, sagte er weiter.
Babis rechnet trotz seiner Niederlage damit, den ersten Auftrag zur Regierungsbildung zu erhalten. Das habe ihm Präsident Milos Zeman bei ihrem letzten gemeinsamen Gespräch am Sonntag in Aussicht gestellt, sagte der 67-Jährige am Dienstag im Sender CT. „Und es ist an mir, ob ich den Auftrag annehme oder nicht“, sagte der Multimilliardär. Zeman gilt als enger Verbündeter des amtierenden populistischen Ministerpräsidenten Andrej Babis. Ein Sprecher des Präsidenten, der weiter im Krankenhaus ist, betonte zuletzt, dass noch keine Entscheidung gefallen sei.
Babis steht indes weiter unter Druck, weil er laut den enthüllten „Pandora Papers“ Geld in Steueroasen geschleust und damit Luxusgüter gekauft haben soll.
Gesundheitszustand des Präsidenten bleibt Rätsel
Unklarheiten herrschen weiterhin um den Gesundheitszustand des Staatspräsidenten Milos Zeman, der am Sonntag ins Prager militärische Krankenhaus eingeliefert worden war. Weder die Ärzte noch die Präsidentenkanzlei wollten dazu was Näheres sagen. Unklar ist auch, wie lange der Staatschef in dem Krankenhaus bleibt und inwieweit er arbeitsfähig ist.
Dem Staatsoberhaupt obliegt die Vollmacht, den neuen Premier und später auch die gesamte Regierung zu ernennen. Bis dahin können die Parteien untereinander verhandeln, ohne dass der Staatschef dabei eine Rolle spielen müsste. Mehrere Politiker befürchten jedoch, dass eine eventuelle längere Amtsunfähigkeit Zemans den Prozess der Regierungsbildung lähmen könnte. Deswegen will sich Senatschef Milos Vystrcil offiziell an die Präsidentschaftskanzlei wenden, um mehr Informationen über Zeman zu bekommen.
Es wird unterdessen über die Möglichkeit spekuliert, den Artikel 66 der Verfassung zu aktivieren, laut dem beide Kammern des Parlament - Senat und Unterhaus - beschließen können, dass der Staatschef nicht imstande ist, sein Amt auszuüben. Dann würden der Premier und der Chef des Abgeordnetenhauses seine Vollmachten übernehmen.
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