Europas größter Versicherer Allianz warnt vor einer steigenden Zahl von Online-Erpressungsangriffen auf die stockenden globalen Lieferketten. Unternehmen, die essenzielle Güter ausliefern, gehören nach Einschätzung des zur Allianz gehörenden Industrieversicherers AGCS zu den besonders gefährdeten Zielscheiben. Ein weiteres Ziel seien IT-Dienstleister, die mit vielen Kundenunternehmen vernetzt sind, warnen die Fachleute in ihrem am Mittwoch veröffentlichten „Cyber Report“. Auf diesem Weg könnten Cyberkriminelle innerhalb kurzer Zeit Erpressungssoftware auf einer Vielzahl von Rechnern unterschiedlicher Unternehmen installieren, heißt es darin.
Attacken auf Lieferketten seien der „nächste große Trend“, sagte AGCS-Manager Jens Krickhahn. Derartige Ransomware-Angriffe hatte es in den vergangenen Monaten bereits mehrfach gegeben, die AGCS-Fachleute erwarten beziehungsweise fürchten jedoch weiter steigende Fallzahlen. Sowohl die Schäden als auch die geforderten Summen werden immer höher. Vor fünf Jahren seien bei Online-Erpressungsfällen noch „5000, 6000, 7000 Euro“ gefordert worden, berichtete Krickhahn. 2020 gab es demnach bereits Forderungen von 30 Millionen Dollar. „Heutzutage sehen wir schon Forderungen in einer Höhe von 50 Millionen Dollar.“
Angriffe könnten sogar noch zunehmen
„Die Angriffe könnten sogar noch zunehmen“, glaubt auch Gabor Sas, Senior Underwriter Financial Lines bei AGCS Österreich. „Kriminelle fokussieren naturgemäß auf jene Unternehmen, die ihre digitalen Schwachstellen vernachlässigen und ihre Sicherheitslücken nicht kennen“, so Sas in einer Aussendung. Befördert wird der kriminelle Boom laut AGCS durch die Tatsache, dass Hackergruppen mittlerweile als Dienstleister auftreten. „Sie können als durchschnittlich IT-befähigter Mensch tatsächlich hergehen und Ransomware-Angriffe mieten“, sagte Krickhahn. „Sie kriegen zum Teil eine Hotline-Funktion dazu geliefert.“
Nicht nur die erpressten Summen werden höher, sondern auch der Aufwand zur Wiederherstellung blockierter Systeme werde teurer und langwieriger, heißt es in dem Report. Die AGCS beruft sich auf Analysen, denen zufolge sich die durchschnittlichen Gesamtkosten für Wiederherstellung und Ausfallzeit eines blockierten Systems im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2020 von gut 761.000 auf rund 1,85 Millionen US-Dollar mehr als verdoppelt haben.
„Hinter achtzig Prozent der Schäden stehen einfache Fehler“
Dabei könnten nach Einschätzung der Fachleute viele Cyberangriffe abgewehrt beziehungsweise der Schaden begrenzt werden. „Hinter achtzig Prozent der Schäden stehen einfache Fehler“, sagte AGCS-Manager Michael Daum - als Beispiel nannte er Server mit veralteten Betriebssystemen und entsprechenden Sicherheitslücken. Unternehmen müssten nicht nur auf Prävention setzen, sondern bräuchten auch „digitale Alarmanlagen“, um einen einmal gestarteten Hacker-Angriff noch rechtzeitig erkennen und stoppen zu können.
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