Von Jugend an galt er als gewalttätig. 2018 geriet er in die Schlagzeilen, weil er Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer obszöne Nachrichten schickte. Im April erschoss er seine Ex-Partnerin. Nun wurde Albert L.s Seele durchleuchtet. Das Urteil des Gutachters: „Er ist brandgefährlich.“
Er gilt als einer der auffälligsten Häftlinge der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Verrichtet immer wieder auf dem Boden seiner Zelle seine Notdurft, entledigt sich seiner Kleidung, hat Schreikrämpfe, demoliert Einrichtungsgegenstände; behauptet, dass man ihn vergiften wolle. Beschimpft auf unflätigste Weise Mitinsassen und Wachebeamte. Und bedroht sie - wie kürzlich eine Richterin - mit dem Umbringen und mit Vergewaltigung.
Die Tat glich einer Hinrichtung
Albert L., jener „Bierwirt“, der bereits 2018 für Schlagzeilen gesorgt hat; wegen obszöner Nachrichten, die er an Sigrid Maurer, Klubobfrau der Grünen, über soziale Medien verschickt hatte. Albert L., jener 42-Jährige, der am 29. April Marija M. (35), die Mutter seiner beiden Kinder, in ihrer Wohnung in Wien-Brigittenau mit zwei Pistolenschüssen regelrecht hingerichtet hat. Nachdem es die Krankenschwester endlich geschafft hatte, den gewalttätigen Mann zu verlassen.
„Auszucker“ von ihm, berichten Freunde und Verwandte der beiden, seien an der Tagesordnung gestanden; eigentlich schon, seitdem sie 2006 ein Paar geworden waren. Und laufend mehr habe sich die Frau vor Albert L. gefürchtet; je mehr Drogen, je mehr Psychopharmaka, je mehr Alkohol er konsumiert habe.
Er war eine „tickende Zeitbombe“
Wenige Wochen vor dem Drama, so die Familie des Opfers, „ist die Situation mit ihm endgültig eskaliert“; Albert L. hatte da im Zuge eines Streits auf Marija M.s Vater losgefeuert. Die vielen Übergriffe auf die 35-Jährige; die dauernde Ankündigung, er würde im Falle einer Trennung sie, ihre Eltern und ihre zwei Brüder töten; letztlich der Mordversuch an ihrem geliebten Papa - keine dieser Taten wurde angezeigt.
Ich weiß, dass ich zu Marija gefahren bin. Danach habe ich einen Filmriss. Und dann bin ich irgendwann im Spital aufgewacht. Mir fehlt also die Erinnerung an die Tat.
Albert L.
Warum nicht? „Weil wir uns vor Ali fürchteten. Weil wir Angst davor hatten, dass er höchstens für ein paar Monate ins Gefängnis kommen - und nach seiner Freilassung uns alle killen würde.“ Nachsatz: „Denn wir wussten: Er war eine tickende Zeitbombe.“
„Ich hatte vor der Tat viel Alkohol getrunken“
Zu diesem Schluss kommt nun auch Psychiater Siegfried Schranz, der den 42-Jährigen in den vergangenen Monaten ausgiebig untersucht hat. Was sagte Albert L. vor dem Sachverständigen über sein Verbrechen? Dass er davor „leider“ große Mengen an Schnaps, Bier und diverse Medikamente zu sich genommen habe - und ihm deshalb die Erinnerung an das Geschehene fehle.
Ja, gewohnheitsmäßig hatte sich Albert L. auch am Vormittag des 29. April „zugedröhnt“ - wie ein Freund, der damals bis zum frühen Nachmittag mit ihm zusammen gewesen war, vor der Kripo bestätigte.
Aber dennoch wirken die Handlungen, die er danach setzte, überlegt: Er hatte eine Waffe dabei, als er in die Wohnung seiner Ex stürmte; er sorgte dafür, dass seine Tochter (13) im Stiegenhaus war und sein Sohn (3) von einem Nachbarn in Sicherheit gebracht wurde - während er sein schreckliches Werk beging.
„Ich habe gerade jemanden getötet“
Und es scheint, als habe er sich erst in der Folge bewusst völlig betrunken - um später für die Justiz als zurechnungsunfähig zu gelten. Sein Agieren spricht jedenfalls dafür: Er erpresste von jenem Bekannten, den er dazu genötigt hatte, sich um seine Kinder zu kümmern, zwei Flaschen mit Hochprozentigem; zog sich aus, setzte sich auf eine Parkbank, trank den Alkohol mit Riesenschlucken. Und erklärte kurz vor dem Eintreffen der Polizei Passanten: „Ich habe gerade jemanden getötet.“
Das entsetzliche Ende einer kriminellen Karriere, die bereits in seiner Jugend begonnen hatte: Er war erst 17, als er seine erste Verurteilung ausfasste. Und es folgten weitere. Wegen Hehlerei, Urkundenunterdrückung, Diebstahl, gefährlicher Drohungen, schwerer Nötigung, Drogendelikten, Körperverletzung.
Unser Klient bereut seine Tat zutiefst, er hat jedoch im Zustand der vollen Berauschung gehandelt.
Albert L.s Anwälte Manfred Arbacher-Stöger und Rudolf Mayer
Vor Psychiater Siegfried Schranz erklärte er sein „verpfuschtes Dasein“ weinerlich mit dem Umstand, dass er aus desolaten Verhältnissen stamme, in einem Heim, „wo ich misshandelt wurde“, aufgewachsen sei. Schon früh habe er begonnen, „meine seelischen Wunden mit Kokain zu therapieren“; wodurch er unfähig gewesen sei, einen Beruf zu erlernen. Bloß mit Gelegenheitsjobs habe er sich über Wasser gehalten, „bis ich vor etwa drei Jahren ein Bierlokal übernahm, das nach der Sache mit Sigi Maurer schlecht lief“.
„Ich verdiene den Gnadenschuss“
Für sein Opfer scheint er wenig Mitleid zu haben: „Marija hat mich oft geschlagen“, lügt er. Um dann wieder zu klagen: „Ich verdiene für das, was ich ihr und damit auch mir angetan habe, den Gnadenschuss.“
Wir hoffen, dass der Mörder unserer geliebten Marija nie wieder in Freiheit kommen wird.
Die verzweifelte Familie des Opfers
Die Diagnose des Gerichtspsychiaters: „Bei Herrn L. liegt eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, impulsiven, dependenten und dissozialen Anteilen vor.“ Er sei also psychisch massiv gestört, aber nicht in einem Ausmaß, das es ihm unmöglich gemacht hätte, das Unrecht seines Tuns zu erkennen. Außerdem führt der Sachverständige an, dass von dem Mann weitere, ähnlich schwerwiegende Verbrechen zu erwarten seien; er gilt also als „brandgefährlich“.
Dem 42-Jährigen droht damit die schlimmste Strafe, die in Österreich verhängt werden kann: lebenslang plus Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Prozess gegen ihn ist für Anfang kommenden Jahres geplant.
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