Fünf Mitglieder des Justizausschusses des US-Repräsentantenhauses haben hochrangige Führungskräfte von Amazon, einschließlich Firmengründer Jeff Bezos, beschuldigt, den Kongress entweder in die Irre geführt oder ihn möglicherweise über Geschäftspraktiken von Amazon belogen zu haben. Das könnte für Amazon strafrechtliche Konsequenzen haben.
Der an Amazon-CEO Andy Jassy adressierte Brief folgt auf einen Reuters-Bericht von voriger Woche, dem zufolge Amazon in Indien systematisch Produkte anderer Verkäufer kopiert und Suchergebnisse manipuliert haben soll, um den Verkauf seiner eigenen Marken anzukurbeln. In dem Reuters vorliegenden Schreiben heißt es nun, dass die „glaubwürdige Berichterstattung“ den „eidesstattlichen Aussagen und Darstellungen der Top-Führungskräfte von Amazon - einschließlich des ehemaligen CEO Jeffrey Bezos - direkt widerspricht“.
„Im besten Fall bestätigt diese Berichterstattung, dass die Vertreter von Amazon den Ausschuss in die Irre geführt haben. Im schlimmsten Fall zeigt sie, dass sie den Kongress möglicherweise unter Verletzung des Bundesstrafrechts belogen haben“, zitierte die Nachrichtenagentur aus dem Brief.
Der Online-Händler wies die Vorwürfe gegenüber Reuters zurück: „Amazon und seine Führungskräfte haben den Ausschuss nicht in die Irre geführt“, sagte ein Firmensprecher und verwies auf eine interne Richtlinie, die die „Verwendung von individuellen Verkäuferdaten zur Entwicklung von Amazon-Eigenmarkenprodukten untersagt“.
Verweis auf interne Richtlinie
Jeff Bezos hatte im Vorjahr unter Eid vor dem Justizausschuss ausgesagt, dass Amazon seinen Mitarbeitern verbiete, Daten über einzelne Verkäufer zu verwenden, um seine eigenen Eigenmarken-Produktlinien zu begünstigen. In einer weiteren Anhörung im Jahr 2019 hatte Nate Sutton, stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung von Amazon, ausgesagt, dass das Unternehmen solche Daten nicht verwende, um seine eigenen Markenprodukte zu entwickeln oder seine Suchergebnisse zu deren Gunsten zu verändern.
Auf die Frage bei einer Kongressanhörung 2019, ob Amazon die Algorithmen verändere, um die Verbraucher zu seinen eigenen Produkten zu führen, antwortete Sutton: „Die Algorithmen sind so optimiert, dass sie vorhersagen, was Kunden kaufen wollen, unabhängig vom Verkäufer.“
Amazon droht strafrechtliche Untersuchung
Der Brief gibt Jassy nun „eine letzte Gelegenheit“, Beweise zu liefern, um die früheren Aussagen des Unternehmens zu untermauern. Zudem wird darin darauf hingewiesen, dass es „strafrechtlich illegal ist, wissentlich und vorsätzlich Aussagen zu machen, die im Wesentlichen falsch sind, eine wesentliche Tatsache zu verheimlichen oder anderweitig falsche Unterlagen als Reaktion auf eine Untersuchung des Kongresses vorzulegen“.
Jassy, der im Juli Bezos als Amazon-CEO ablöste, hat laut Bericht nun bis zum 1. November Zeit, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, um zu klären, „wie Amazon nicht-öffentliche individuelle Verkäuferdaten verwendet, um seine eigene Produktlinie zu entwickeln und zu vermarkten“ und wie Amazons Suchrankings diese Produkte begünstigen.
„Wir fordern Sie nachdrücklich auf, diese Gelegenheit zu nutzen, um die Aufzeichnungen zu korrigieren und dem Ausschuss eidesstattliche, wahrheitsgemäße und genaue Antworten auf diese Anfrage zu geben, während wir überlegen, ob eine Überweisung dieser Angelegenheit an das Justizministerium zur strafrechtlichen Untersuchung angemessen ist“, heißt es in dem Schreiben.
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