Das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern hat am Dienstag Ex-EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erhalten. Bürgermeister Michael Ludwig sagte, er ehre „einen großen Europäer, aber auch einen großen Freund der Stadt Wien“. Die Laudatio hielt Altbundespräsident Heinz Fischer. Warum er die Auszeichnung erhalte und welche besonderen Verdienste er um Wien vorzuweisen habe, wisse er nicht genau - er finde die Wahl dennoch richtig, so der Geehrte launig.
„Würde mich jemand um zwei Uhr in der Früh aus dem Schlaf reißen und um einen spontanen Kommentar zu Jean-Claude Juncker ersuchen, würde ich mir kurz die Augen reiben und dann ziemlich präzise Antworten: Er ist ein großer Europäer, er ist ein Politiker mit Haltung, Charakter und einer klaren Weltanschauung. Er ist ein liebenswürdiger Mensch, ich mag ihn persönlich sehr“, sagte Fischer.
„Ein flächendeckender, wenn auch verfrühter Nachruf“
Juncker zeigte sich froh darüber, dass man sich nach der Corona-bedingten Zeit der Videokonferenzen nun wieder in die Augen sehen könne. Er bedankte sich bei Fischer für einen „flächendeckenden, wenn auch verfrühten, meinem Lebenswerk gerecht werdenden Nachruf“, und beteuerte: „Ich mag dich persönlich auch sehr gern.“ Ausdrücklichen Dank gab es auch für seinen ehemaligen Kabinettschef Martin Selmayr („Mein bester Beamter“), der nun als Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich fungiert.
„Die Kleinen werden oft unterschätzt“
Er habe sich in Wien und die Menschen sehr schnell verliebt, meinte Juncker und hob die Rolle kleinerer Staaten in der EU hervor: „Die Kleinen werden oft unterschätzt.“ Ein kleiner Floh könne einen großen Löwen zum Wahnsinn treiben. Umgekehrt sei das nicht möglich. Zugleich müssten die Europäer lernen, eine wichtige Rolle in der Welt zu spielen - noch dazu, wo ihr Anteil an der Weltbevölkerung abnehme.
„Ja was ist denn los mit der Republik Österreich?“
Doch auch die heimische Innenpolitik blieb nicht ausgespart. „Ja was ist denn los mit der Republik Österreich?“, erkundigte er sich und äußerte seine Sorge um die internationale Reputation unseres Landes. Das sei nicht nur eine Frage der Sprache, obwohl ihm die zuletzt bekannt gewordenen Chats aus dem ÖVP-Umfeld manchmal „sehr eigentümlich“ vorkämen: Es gehe auch um die Art und Weise, wie Politik gemacht werde. „So geht das nicht weiter.“
Auch Mitterlehner gab sich die Ehre
Mit dem ehemaligen ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner war auch ein prominenter Politiker anwesend, der in der Kommunikation zwischen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen Vertrauten wiederholt erwähnt wird. Auch Ex-ÖVP-Chef Wilhelm Molterer, der frühere Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl oder die ehemalige EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner nahmen an der Festveranstaltung im Stadtsenatssitzungssaal teil.
Ludwig hofft auf Opernball-Besuch Junckers
Überreicht wurde die Auszeichnung von Bürgermeister Ludwig. Er hoffe, dass Juncker mit dem Ehrenzeichen den nächsten Opernball besuchen werde, sagte Ludwig - der zugleich einräumte, dass es zwischen ihm und Juncker eine Gemeinsamkeit gebe, wie man herausgefunden habe: „Wir sind beide eher Schauer als Tänzer.“
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