Sorge um Rechtsstaat
EU schießt gegen Türkei, aber Geld fließt weiter
„Weitere Rückschritte in vielen Bereichen“: Mit Worten wie diesen bewertet die EU-Kommission die jüngsten Entwicklungen in der Türkei. Den Geldhahn will sie dem Land aber weiter nicht zudrehen.
Mit ihrem neuen Türkei-Bericht übt die EU-Kommission scharfe Kritik an der Staatsführung des islamisch-konservativen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Im Bereich der Demokratie habe es zuletzt weitere Rückschritte gegeben, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Bewertung der Entwicklung des weiter als EU-Beitrittskandidat geführten Landes.
Auch Bedenken der EU hinsichtlich der weiteren Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Unabhängigkeit der Justiz seien nicht angesprochen worden.
„Anhaltender Druck auf Zivilgesellschaft“
Konkret bemängelt die EU-Kommission, dass im Zuge des Putschversuches im Jahr 2016 eingeführte Sonderbefugnisse für staatliche Behörden noch immer gültig seien und einen starken Einfluss auf Demokratie und Grundrechte hätten. Zudem wirft die Behörde der Türkei unter anderem anhaltenden Druck auf die Zivilgesellschaft und auf Bürgermeister von Oppositionsparteien vor.
Positive Entwicklungen gibt es laut dem Bericht in nur sehr wenigen Bereichen und in begrenztem Umfang. Zu den aufgeführten Beispielen zählen Fortschritte im Kampf gegen Organisierte Kriminalität und ein verbesserter Schutz der östlichen Landgrenze.
Beitrittsverhandlungen liegen seit mehreren Jahren auf Eis
Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liegen bereits seit mehreren Jahren wegen der aus Brüsseler Perspektive unbefriedigenden Entwicklungen in dem Land auf Eis. Als ein Grund dafür, dass die Gespräche noch nicht endgültig beendet wurden, gilt die Bedeutung des Landes für den Kampf gegen illegale Migration nach Westeuropa. Es wird deswegen auch in Zukunft von EU-Finanzhilfen profitieren können.
Besseres Zeugnis für andere Balkanstaaten
Neben den Entwicklungen in der Türkei bewertete die EU-Kommission auch die Lage im Kosovo sowie in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Die einen EU-Beitritt anstrebenden Balkanstaaten bekamen überwiegend ein deutliches besseres Zeugnis ausgestellt - auch wenn sie weiter vor riesigen Reformherausforderungen stehen.
Lesen Sie auch:
Der EU-Erweiterungsprozess sei „eine geostrategische Investition in Frieden, Stabilität, Sicherheit und Wirtschaftswachstum auf dem europäischen Kontinent“, kommentierte der zuständige EU-Kommissar Olivér Várhelyi zur Vorstellung der Berichte im Straßburger Europaparlament. Gleichzeitig orientiere er sich aber auch an den Reformanstrengungen der EU-Beitrittsaspiranten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.