Die Viecherei in Wien

Kostümbildnerinnen plaudern aus Nähkästchen

Wien ist leiwand
23.10.2021 09:00

Germknödel, Weintraube, Lipizzaner: Die Viecherei entwirft und fertigt ganz spezielle Kostüme für Film, Theater und Business - unter anderem für „The Masked Singer“. Wir haben Gerti Rindler-Schantl und Devi Saha in ihrer Werkstätte in der Leopoldstadt besucht.

Top Secret! Wer sich hinter den Masken bei der Österreich-Version von „The Masked Singer“ verbirgt, das wissen nur die engsten Teammitglieder des Produktionsteams bei Puls 4 – und die beiden freischaffenden Kostümbildnerinnen Devi Saha und Gerti Rindler-Schantl. Auch das Zuhause ihrer Werkstätte ist nur Insidern bekannt– vorbei am Feigenbäumchen, die Stiegen hinunter ins Souterrain an der der Unteren Donaustraße, geht es für uns beim Treffen mit den beiden Masterminds hinter skurrilen Kostümen wie „Germknödel“, „Yeti“, „Lipizzaner“ oder „Weintraube“.

Seit 15 Jahren arbeitet Gerti Rindler-Schantl schon hier in der Leopoldstadt. In dem ehemaligen Fahrradgeschäft, das heute noch durch die Abdrücke schwerer Maschinen am Boden vom früheren Leben als Tischlerei erzählt, werden Maskottchen, Tierkostüme, Masken, Flügel etc. für Film, Theater und Business entworfen und gefertigt.

„Es war ein bisschen wüst, als wir eingezogen sind, und je nach Regenfällen merkt man den Donaukanal“, lacht Rindler-Schantl. „Aber trotz Souterrain ist es durch die tollen großen Fenster wunderbar hell und halbwegs trocken, deshalb sind wir hiergeblieben, haben die Wände weiß gestrichen - und sind sehr glücklich damit.“

(Bild: Christian A. Pichler)

Gemeinsam mit einer dritten Kollegin arbeiten die beiden freischaffenden Kostüm- und Bühnenbildnerinnen schon seit vielen Jahren im Gemeinschaftsatelier – „irgendwann hat es dann gepasst, und so haben wir 2016 Die Viecherei gegründet. Wir machen nicht ausschließlich ausgefallene Ganzkörperkostüme oder spezielle Kostümteile, aber es kamen immer wieder Anfragen für solche Sachen aus dem Theater- oder auch Werbebereich. Da haben wir beschlossen, dass es gemeinsam lustiger ist als allein. Für viele dieser Kostüme muss man erst lange herumprobieren und brainstormen, bis es funktioniert – das geht im Team einfacher.“ Was sind das für Aufträge, die die Viecherei bekommt?

„Wir haben zum Beispiel die Ziegen für die Caritas-Werbeaktion ,Raiffeisen Studentenkonto mit Ziege‘ gemacht , bei der für jede Studentenkonto-Neueröffnung eine Ziege an eine bedürftige Familie in Burundi in Afrika gespendet wird“, erzählt Devi Saha. „Ziemlich am Anfang haben wir große Katzen-Maskottchen fürs Frequency Festival angefertigt – es sind also auch viele Aufträge für Maskottchen oder Figuren für Weberspots oder Musikvideos. Natürlich auch vom Theater – von einer speziellen Tierfigur, einem Flügel oder einer Rüstung für ein Stück, das in der Werkstatt des jeweiligen Hauses eben niemand fertigen kann, bis hin zum ganzen Kostümbild.“

(Bild: ORF)

Von Skeletten, Federn und Arbeiten im Lockdown 
Saha und Rindler-Schantl haben sich mit ihren schrägen „Viechern“ also eine Nische geschaffen - aber warum können sie, was andere nicht können? „Ich glaub’, weil’s uns interessiert“, lacht Rindler-Schantl. Saha ergänzt: „Wir machen das beide schon sehr lang und haben uns immer weiterentwickelt und spezialisiert. Ich hab’ zum Beispiel eine Modistenausbildung, bin also auch Hutmacherin, und hab’ die ganzen Techniken gelernt. Zum Beispiel Federn auf eine Fläche aufarbeiten.“ Und auch Skelette sind manchmal gefragt, wie Saha erzählt: „Zu viel darf ich nicht verraten, aber mein nächstes Projekt hat am 2. November im Off Theater in der Kirchengasse Premiere - ,Blade. Unwichtig‘ ist der Titel, ein ziemlich cooles Mash-up zwischen einem Werner Schwab-Stück und dem Film Blade Runner“.

Derzeit wird also fleißig an Theaterproduktionen gearbeitet, doch wie war die Auftragslage in der Lockdown-Zeit? „Am Anfang war der Schock groß, als alles dicht gemacht wurde, aber wir hatten das Glück, schon bei Puls 4 für The Masked Singer engagiert zu sein, das hat uns über die Zeit gerettet“, so Saha. „An diesem berühmten 13. März sind wir gerade von der ersten Aufzeichnung aus Köln zurück- und noch gerade über die Grenze gekommen“, lacht Rindler-Schantl. „Dann war alles abgesagt, und es sind auch Produktionen weggefallen, aber im Herbst kam dann die zweite Staffel The Masked Singer. Da hat die Planung im August begonnen und wir haben eigentlich den ganzen Herbst/Winter über normal gearbeitet - also normal heißt bei uns ziemlich verrückt (lacht). Wir hatten eher immer die Sorge, dass wir uns das Virus in die Werkstatt einschleppen - dann ist mal zu, und dann hätten wir Probleme mit unserem Zeitplan gekriegt. Aber es ist alles gut gegangen“.

(Bild: Christian A.Pichler)

„Wissen vom Start weg, welche Promis dabei sind"
Wie lange wird an einer Staffel The Masked Singer gearbeitet? Und wann erfahren die beiden eigentlich, wer hinter den zu fertigenden Kostümen stecken wird? Saha: „Wir würden gerne länger daran arbeiten, haben aber nur drei Monate Zeit. Da gibt es natürlich viele Überstunden. Aber wir wissen von Beginn an, welche Promis wir verkleiden dürfen. In Amerika zum Beispiel wissen die Kostümbildner wirklich bis zur ersten Probe im Kostüm nicht, wer drin stecken wird – deshalb sind die Kostüme auch so groß und müssen oft in den Nächten vor der ersten Show angepasst werden. Wir haben aber von Anfang an gesagt, dass das für uns nicht geht.“

Rindler-Schantl: „Und so wollen wir auch nicht arbeiten, für die Promis hat das Wissen um das Kostüm ja maßgeblich damit zu tun, dass sie sich drauf einstellen können und wissen, was auf die zukommt. Sie können mit dem Kostüm proben, man kann schauen, wo jemand ein Problem hat und das ordentlich lösen, nicht Husch-Pfusch. Am Anfang mussten wir da schon viel adaptieren, damit nichts hallt und so weiter.“ Was steht als Nächstes an? „Ich habe noch eine Produktion an der Neuen Oper Wien, die aufgrund von Corona in den Herbst geschoben wurde“, erzählt Saha. „Und ich fange demnächst mit Dr. Dolittle im Dschungel Wien an – mit Tierkostümen, aber nicht nur, das wird eine sehr bunte Angelegenheit“, lacht Rindler-Schantl. „Das hat am 7. Jänner Premiere. Danach kommt der Bockerer in Kobersdorf im Burgenland - aber es kommen laufend Anfragen herein, oft kommen Theater erst kurzfristig drauf, dass sie noch etwas brauchen, was sie selbst nicht fertigen können, oder was nicht so funktioniert wie gedacht."

Über die nächste Staffel von The Masked Singer wird zwar gemunkelt, aber noch gibt es keine Bestätigung oder näheren Infos - oder wissen die beiden vielleicht mehr? „Wir wissen nichts“, bekommen wir von Gerti Rindler-Schantl und Devi Saha unisono zur Antwort. Ob wir den beiden das glauben sollen?

Porträt von Melanie Leitner
Melanie Leitner
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