Wenn irgendwo zwischen Zentralfriedhof und Wienerwald das Licht ausgeht, herrscht bei den Wiener Netzen reges Treiben. Auch für Blackouts sind unsere Stromexperten bestens gerüstet.
Gebannt blicken drei junge Männer auf einen gewaltigen Monitor. Wie Schlangen ziehen sich Linien verschiedenster Farbgebung über die schwarze Wand - für einen Laien scheinbar ohne Sinn. Nicht für die Techniker der Wiener Netze. Die sogenannten Dispatcher haben eine ganze Stadt unter ihrer Kontrolle.
Was wie aus einem Science-Fiction-Roman klingt, hat einen einfachen Hintergrund. Die drei Männer sorgen dafür, dass niemandem in Wien und Umgebung das Licht ausgeht. Und damit auch Heizung, Internet und sämtliche Annehmlichkeiten des modernen Lebens.
Plötzlich ertönt ein schrilles Signal, rote Lichter symbolisieren den Ernstfall. Doch jeder in der Steuerungswarte bewahrt die Nerven. In dem Bereich in Wien-Favoriten werden aktuell Arbeiten am Stromnetz durchgeführt, kein Grund zur Panik. Was hier passiert, wirkt für Außenstehende abstrakt, hilft uns aber, das tägliche Leben ohne gröbere Probleme zu absolvieren.
Bagger und abgebrochene Äste als Hauptproblem
2000 Quadratkilometer Leitungen, gesamt 28.500 Kilometer lang, winden sich über 11.000 Trafostationen durch die Hauptstadt. Sie transportieren Strom, Gas, Fernwärme und Telekommunikation. Ohne sie wäre unser Alltag nicht möglich.
Käme es zu einem tatsächlichen Notfall, so einer der Dispatcher, wäre rasches Handeln gefordert. Meist seien es abgebrochene Äste oder unwissende Baggerfahrer, die Leitungen beschädigen. Dann schlägt die Stunde für Karl und Martin. Beim Besuch der „Krone“ in Wien-Erdberg stehen die Männer, wie auch andere Teams, rund um die Uhr bereit, falls etwas passiert. Egal, ob bei Kleinverbrauchern oder kritischer Infrastruktur wie etwa Spitälern oder dem Flughafen Wien.
Im Falle des gefürchteten Blackouts - also eines totalen, großflächigen Stromausfalles - sei Wien übrigens (siehe Interview unten) recht gut gerüstet. Denn ein Kraftwerk in Simmering kann auch ohne Strom hochgefahren werden. Und das ist immerhin eines der leistungsstärksten in ganz Österreich. Unsere Bundeshauptstadt solle dann, vergleichbar mit einer allein stehenden Insel, rasch wieder ins Stromnetz eingespeist werden. Und somit hohe Kosten und bange Stunden, vor allem für die Bürger, Gesundheitszentren und Blaulichtorganisationen, verringert werden.
„Wir können ein Kraftwerk auch ohne Strom starten“
Energieexperte Thomas Schuster über Blackouts und unseren Stromverbrauch während der Lockdowns.
„Krone“: Herr Schuster, Sie als Stromexperte wissen sicher Bescheid: Wie gut ist Wien für Blackouts gerüstet?
Thomas Schuster: Wir schulen zweimal pro Jahr unsere Mitarbeiter, auch gemeinsam mit Wien Energie. Da muss jeder Bescheid wissen. Wir haben genaue Vorgangskataloge, wie das Wiener Netz wieder aufgebaut werden kann. Wien hat das Glück, mit Simmering ein schwarzstartfähiges Kraftwerk zu haben. Also eines, das auch ohne Strom von außen über einen eigenen Dieselgenerator wieder gestartet werden kann. Dann können auch andere Kraftwerke hochgefahren werden.
Was passiert bei den Wiener Netzen, wenn unser Strom ausfällt?
Dann gibt es Einsatzpläne je nach kleineren oder größeren Unterbrechungen. Die werden abgearbeitet. Und wir schicken dann nur erfahrene Techniker und Einsatztrupps auf Entstörung, um schnellstmöglich wieder eine Grundversorgung herzustellen.
Befürchten Sie in naher Zukunft größere Ausfälle durch Hacking?
Ausschließen kann man nie etwas. Aber die Wiener Netze haben ein gutes Sicherheitssystem, so sind etwa die Strom- und Gaswarten, also die Zentralen, vom Rest des Systems getrennt. Das macht ein Hacking des Zentrums praktisch unmöglich.
Sollen sich die Wiener trotzdem für den Notfall rüsten?
Es ist immer gut, sich auf Szenarien vorzubereiten. Wir haben aber Vorkehrungen getroffen, um das Stromnetz von Wien so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Und wir schaffen das ganz sicher.
Veränderten sich in den Lockdowns der Verbrauch?
Ja, mit dem ersten Lockdown wurde es abrupt weniger. Man sah, wie vor 20 Jahren, wieder Spitzen am Morgen, zu Mittag und am Abend. Als wieder mehr, meist via Homeoffice, arbeiten gehen konnten, hat sich das schnell geglättet. Das war recht spannend zu beobachten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.