Konsumenten verärgert

Mehr Hülle statt Fülle: Mogelpackungen im Handel

Österreich
24.10.2021 06:00

Konsumenten werden von vielen Herstellern hinters Licht geführt, wenn es um die Füllmenge von Müsli, Chips und anderen Lebensmitteln geht, die in unseren Regalen stehen.

Ein Konsumentenschützer in den USA schlägt Alarm: Seit Corona nehmen die Mogelpackungen in den Geschäften zu. Auch hierzulande findet man diese Verkaufsmasche in den Regalen. Ein Vergleich von Schokoladen stößt einer Konsumentin besonders sauer auf: Ein und dieselbe Packung wurde mit einer unterschiedlichen Füllmenge befüllt.

„Bei einer Ausführung sind jedoch nur 50 g statt 100 g in der Packung, der restliche Karton ist mit einer Plastikeinlage versehen, sodass die dünnere Schokoladentafel nicht durch Schütteln zu erkennen ist“, teilte sie dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit. Solche Fälle sind keine Seltenheit. Ein Viertel der Meldungen, die beim VKI eingehen, betreffen Mogelpackungen.

Während es in Deutschland eine Definition für Produkte mit viel Luft gibt - als Richtwert gilt die Grenze von 30 Prozent Luftanteil - sucht man in Österreich nach einer rechtlichen Vorgabe - siehe Interview unten.

(Bild: VKI(4), A. Konstantinoudi/VKI und C.Pandur/VKI, Krone KREATIV)

Knabbergebäck enthält viel Luftvolumen
Mit den großen Packungen wird bei den Konsumenten der Eindruck erweckt, dass sie mehr Inhalt für ihr Geld bekommen - doch wenn das Chipssackerl dann halb leer ist, ist der Ärger groß. Dabei könnte man mit kleineren Kartons der Täuschung ein Ende bereiten und Ressourcen schonen - zwei Fliegen mit einer Klappe!

Der Verein für Konsumenteninformation macht zahlreiche Hersteller auf die Missstände aufmerksam. Immer wieder gelingt es den Experten, solche Praktiken zu stoppen, aber nicht immer sind die Produzenten einsichtig.

(Bild: VKI(4), A. Konstantinoudi/VKI und C.Pandur/VKI, Krone KREATIV)

Jedes Jahr veröffentlicht der Verein Mogelpackungen, die die Konsumenten am meisten verärgert. Immer landet ein Knabbergebäck auf der Liste. Die Firmen argumentieren, dass die Luft im Sackerl wichtig ist, damit der Inhalt während der Lieferkette nicht zerdrückt wird und in Bröseln beim Käufer landet. Dennoch könnte die Packung für die Menge kleiner ausfallen.

Neues Produktdesign führte oft zu weniger Inhalt
Steigende Rohstoffpreise führen ebenfalls zu Mogelpackungen. Damit der Preis des Produkts nicht erhöht werden muss, lässt man den Inhalt schrumpfen. Diese Taktik fällt nur jemandem auf, der ein bestimmtes Lebensmittel regelmäßig kauft. Dem VKI wurde ein Getränkepulver gemeldet, das ein Gewicht von 200 Gramm hatte. Nach einem Neudesign der Verpackung gibt es jetzt nur noch zehn Portionen zu je 14 g. Der Preis blieb lange Zeit derselbe und führte so zu einer Preiserhöhung von 30%!

Schutzhüllen und Kartons belasten unsere Umwelt
Der Müllberg nach einem Einkauf wächst ins Unermessliche. Konsumenten sind über das umweltfeindliche Denken der Firmen verärgert.

„Unglaublich, geschätzt 40 bis 50 Prozent der Verpackung sind leer! Es ist noch dazu ein veganes Fleischersatzprodukt, gekauft aus ökologischen Gründen, dessen Verpackung so viel unnötigen Plastikmüll produziert!“, zeigt sich ein Konsument verärgert. Würden Hersteller auf Mogelverpackungen oder Zusatzverpackungen verzichten, könnten alleine in Deutschland 44.000 Tonnen Müll pro Jahr eingespart werden. Die Umwelt würde sich über ein Umdenken freuen!

Viel Verpackung für ein veganes Burger-Laibchen. Konsumenten wünschen sich mehr Nachhaltigkeit. (Bild: VK)
Viel Verpackung für ein veganes Burger-Laibchen. Konsumenten wünschen sich mehr Nachhaltigkeit.

Aber warum werden Cremen und Zahnpasta weiterhin in Kartons verkauft? Firmen geben an, dass die Produkte so geschützt werden. Außerdem ist es ein Marketinginstrument: Ein schöne Verpackung schaut auf den ersten Blick hochwertiger aus.

Andere Hersteller argumentieren, dass sie einzelne Produkte nicht in unterschiedlichen Dosen abfüllen können. Für die Logistik ist es nämlich einfacher, mit Standardgrößen zu arbeiten. Auch wenn dieser Aspekt nachvollziehbar ist, erklärt das nicht, warum dann die Verpackungen in vielen Fällen nur halb gefüllt sind ...

„Produkte im Geschäft schütteln und Luftvolumen kontrollieren“
Teresa Bauer arbeitet im Bereich Untersuchungen beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Sie weiß, wo Mogelpackungen auf Konsumenten lauern.

Teresa Bauer, Konsumentenschutz-Expertin (Bild: VKI)
Teresa Bauer, Konsumentenschutz-Expertin

„Krone“: Ab wann spricht man von einer Mogelpackung?
Teresa Bauer: In Österreich haben wir das Problem, dass es keine Regelung bzw. eine Definition dafür gibt. Würde es rechtliche Vorgaben geben, könnten die Kontrollorgane auch dementsprechend reagieren. Jetzt ist es einfach nur eine subjektive Wahrnehmung.

Hat das Phänomen seit Corona zugenommen?
Mit Corona sehe ich keinen Zusammenhang. Es hat schon in meiner Kindheit Mogelpackungen zum Beispiel bei Müsli gegeben. Was in letzter Zeit verstärkt auffällt, ist, dass Hersteller die Füllmenge reduzieren, aber die Verpackungsgröße beibehalten.

Welche Produkte sind am meisten betroffen?
Wir bekommen sehr viel Rückmeldungen bei Knabbergebäck, Müsli, Keksen oder bei Produkten, die in Dosen verkauft werden, wo man als Konsument gar nicht mehr reinschauen kann. Auch viele Nahrungsergänzungsmittel werden in Standardbehältern verkauft, die dann einfach nicht zur Gänze befüllt werden.

Wie kann man sich als Konsument vor Mogelpackungen schützen?
Schon im Geschäft die Produkte genau ansehen! Bei einem Müsli kann man die Verpackung umdrehen oder schütteln, um zu prüfen, wie groß das Luftvolumen ist. Bei Schachteln mit Blickfenster prüfen, wie hoch der Karton gefüllt ist. Käufer können auch bei anderen Produkten schauen, wie schwer das Nettofüllgewicht ist.

Viel Luftvolumen sorgt für Ärger - warum täuscht man die Konsumenten?
Ich denke, die Hersteller hoffen, dass die Konsumenten das nicht realisieren.

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