Über ein Jahr lang feilte Paul Simon laut eigenen Angaben an den Songs. Das Ergebnis überzeugt und zeigt, dass der Mann, der dereinst praktisch alle Lieder für Simon & Garfunkel geschrieben hat, nichts verlernt hat und noch immer großartige Texte verfasst.
Gitarre als "Stimulus"
Anders als bei den Alben, die der Amerikaner seit Mitte der 1980er-Jahre veröffentlicht hat, orientierte er sich dieses Mal beim Songwriting nicht in erster Linie an den Grooves, sondern richtete sein Augenmerk - wie in den 1970ern - stärker auf die Harmonien und den Aufbau der Tracks. "Diesmal war eine Gitarre auf meinem Schoß der Stimulus. Das führt mich zurück zu den Zeiten von 'Still Crazy After All These Years' oder 'Something So Right'", verriet Simon gegenüber dem Muskmagazin "Rolling Stone".
Den Großteil des Materials hat Simon mit dem Gitarristen Vincent Nguini und dem Perkussionisten Steve Shehan aufgenommen, die beide seit gut zehn Jahren zu seinem inneren musikalischen Zirkel gehören. Die elektronischen Drums spielte Chris Bear ein, seines Zeichens Schlagzeuger der New Yorker Indie-Rock-Band Grizzly Bear, die Paul Simon zu ihren Einflüssen zählt. Zwei der Songs nahm Simon mit Doyle Lawson und dessen Bluegrass-Band Quicksilver auf.
Erste neue Platte seit fünf Jahren
Eröffnet wird die erste neue Platte der Musik-Legende seit fünf Jahren mit dem Titel "Getting Ready For Christmas Day", der als Album-Vorbote (Video in der Infobox) schon Mitte Dezember vorab veröffentlicht worden ist. Kein schmalziger Weihnachtssong, sondern eine sehr persönlichen Perspektive des knapp 70-Jährigen auf das "Fest der Feste". Der Opener gibt mit seinem Text, der trockenen Witz mit politischem Bewusstsein kombiniert, sowie seiner eingängigen Melodie die weitere Marschroute des neuen Oevre vor.
Die Themen sind vielfältig: Im von relaxtem Soca-Beat unterlegten "The Afterlife" sinniert Simon über das Leben nach dem Tod, während er im Titelsong u.a. über die Zubereitung von Chicken Gumbo singt. In den Songs geht es aber auch um religiöse Prediger ("Questions For The Angels") oder etwa den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse ("Love Is Eternal Sacred Light").
Fazit: Simon schafft es auf "So Beautiful or So What", Pop und Blues auf großartige Weise mit afrikanischen und indischen Klängen zu kombinieren. Der 69-Jährige klingt erstaunlich vital, hat offenbar den Blues für sich entdeckt und sein bestes Album seit der Veröffentlichung von "Graceland" (1988) aufgenommen.
9 von 10 Punkten
von Wilhelm Eder
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