In New York haben Beschäftigte des Online-Riesen Amazon einen ersten formalen Schritt zur Bildung einer Gewerkschaft gemacht: Sie schlossen sich zur selbst ernannten Amazon Labor Union (ALU) zusammen und reichten bei der für Arbeitsrechte zuständigen Behörde in Brooklyn über 2000 Unterschriften für eine Abstimmung ein. Das Minimum von 30 Prozent der Stimmen sei damit erreicht, erklärte ALU-Anwalt Eric Milner.
Die Stimmen sammelte ALU in einem Amazon-Lager im New Yorker Stadtbezirk Staten Island. Laut Anwalt Milner setzte die Arbeitsrechtsbehörde NLRB nun eine Anhörung für den 15. November an. Bereits jetzt habe Amazon die Pflicht, die Beschäftigten des Betriebs über die geforderte Abstimmung zu informieren, sagte er. Eine Sprecherin von Amazon erklärte, der Konzern bezweifle, dass eine ausreichende Zahl legitimer Unterschriften zusammengekommen sei, um die Wahl einer Arbeitnehmervertretung zu rechtfertigen.
Der nächste Schritt zur Bildung einer Gewerkschaft ist eine Abstimmung im Betrieb, bei der mehr als die Hälfte der Beschäftigten dafür stimmen müssten. In einem Amazon-Logistikzentrum im Ort Bessemer im US-Staat Alabama war dies im April nicht gelungen.
„Das hier ist New York. Das ist eine Gewerkschaftsstadt, und wir werden das beweisen“, sagte ALU-Präsident Chris Smalls. Er war vor einigen Monaten von Amazon entlassen worden und klagt dagegen sowie gegen die Bedingungen zum Schutz vor der Corona-Pandemie.
„Externe Berater“ gegen Gewerkschaftsbildung
Smalls hatte vor einigen Tagen vom Widerstand der Geschäftsführung gegen die Bildung einer Gewerkschaft berichtet. „Wir sehen uns mit denselben Strategien konfrontiert, die in Bessemer, Alabama, angewandt wurden.“ So würden etwa „externe Berater, die sich auf die Bekämpfung von Gewerkschaften spezialisiert haben“, an den Arbeitsplatz kommen, und Anti-Gewerkschafts-Plakate aufgehängt. Die ALU fordert unter anderem höhere Löhne, sicherere Arbeitsbedingungen und mehr Urlaub. Amazon argumentiert, das Unternehmen zahle überdurchschnittliche Löhne und Zuschüsse.
Profiteur der Krise
Amazon steht in den USA wegen der Arbeitsbedingungen seiner 950.000 Angestellten in der Kritik. Gewerkschaften und auch Politiker kritisieren, dass die Beschäftigten einem hohen Arbeitsdruck und einer permanenten Kontrolle ausgesetzt seien. Auch in Deutschland gibt es immer wieder Streiks und Forderungen nach einem Tarifvertrag bei Amazon. Der Online-Riese hat massiv von den geschlossenen Geschäften in der Corona-Pandemie profitiert. Amazon beschäftigt weltweit rund 1,3 Millionen Menschen; 2020 wurden rund 500.000 Personen zusätzlich eingestellt.
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