„Türkises System“

NEOS prangern „strukturelle Korruption“ in ÖVP an

Politik
28.10.2021 11:35

Die NEOS wollen nach den jüngsten ÖVP-Skandalen nicht zur Tagesordnung übergehen und fordern ein Ende des Postenschachers im Land. „Es kann nicht sein, dass Posten nur in der ‘Familie‘ vergeben werden“, meinte Generalsekretär Douglas Hoyos am Donnerstag. Der Begriff „Freunderlwirtschaft“ sei verharmlosend, es gehe hier vielmehr um „strukturelle Korruption“. Man wolle gegen das „türkise Machtkartell“ ankämpfen.

Neben dem früheren ÖBAG-Chef Thomas Schmid zählte Hoyos bei einer Pressekonferenz auch andere Beispiele für Postenschacher-Hinweise aus publizierten Chats zwischen ÖVP-Proponenten auf. Das türkise System, „in dem es nur darum geht, wen man kennt und nicht, was man kann“, sei trotz des Rückzugs von Sebastian Kurz (ÖVP) aus dem Kanzleramt nach wie vor da, konstatierte Hoyos. Das System sei „verkommen“ und „vollkommen verhabert“.

„Sümpfe trockenlegen für saubere Politik“
Die türkis-grüne Regierung würde einfach gerne weitermachen wie bisher, aber es brauche rasch Gesetzesänderungen, verlangte Hoyos. „Es muss zu einem Umdenken in der Politik kommen.“ Bei Postenbesetzungen im staatlichen und staatsnahen Bereich müssten die Besten zum Zug kommen und nicht jene, die die besten Kontakte in die Lichtenfelsgasse - also die türkise Parteizentrale - haben, forderte Hoyos. Man müsse endlich „diese Sümpfe trocken legen, um eine saubere Politik möglich zu machen“.

Die ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse (Bild: APA/Robert Jäger)
Die ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse

Hoyos fordert „komplette Transparenz“
Konkret wollen die NEOS volle Transparenz bei allen personellen Auswahlprozessen, von öffentlichen Hearings bis zur Offenlegung der Aufträge an Personalberater. Außerdem sollten alle Ausgaben und Einnahmen der Parteien, also auch jede einzelne Parteispende, veröffentlicht werden, wie es bei den NEOS bereits der Fall sei, meinte Hoyos. Komplette Transparenz ist aus seiner Sicht auch bei Auftragsvergaben bei allen öffentlichen Ausschreibungen notwendig.

Cooling-Off-Phase für Politiker?
Unter der Prämisse „Karriere ohne Kennen“ dürfe es außerdem auch innerhalb der Ministerien nur Beförderungen nach Qualifikation geben. Zudem will Hoyos eine Cooling-Off-Phase für Politiker und Mitarbeiter von Parteien, sie sollen 18 Monate lang nicht in den öffentlichen Dienst wechseln dürfen.

NEOS nehmen die Grünen in die Pflicht
Die Gesetzesänderungen hätte Hoyos gerne noch heuer und appellierte besonders an die Grünen. Diese hätten bisher nichts geliefert, verwies er etwa auf die geforderte Medien- und Inseratentransparenz. Die Grünen machen aus Sicht des pinken Abgeordneten „Showpolitik“ - sie hätten viel angekündigt, aber wenig umgesetzt. „Man hat ein bisschen den Eindruck, dass die Grünen beim Eintritt in die Ministerien an der Garderobe den Anstand abgegeben haben.“

„NEOS sollen bei sich selbst anfangen“
Die ÖVP reagierte bereits durch ihren Generalsekretär Axel Melchior auf die heftige Kritik von Hoyos. „Wenn die NEOS tatsächlich konsequent gegen Postenschacher vorgehen wollen, müssen sie bei sich selbst anfangen. Denn wer etwas genauer hinsieht, der erkennt sofort, dass die NEOS selbst kein Problem damit haben, Posten nach Parteifarbe zu vergeben“, so Melchior. Es sei „schlicht ein Faktum“, dass die NEOS ihrem größten Spender den einzigen Posten verschafft hätten, den sie auf Bundesebene zu vergeben hatten.

Mit dem größten Spender meint Melchior den Unternehmer Hans Peter Haselsteiner, der 300.000 Euro an die NEOS spendete. Später entsandten die NEOS Haselsteiner in den Stiftungsrat des ORF, von wo er sich jedoch im Dezember des Vorjahres aus eigenem Wunsch zurückzog.

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