Promianwalt:

„Was haben Casinos mit den Inseraten zu tun?“

Politik
31.10.2021 06:00

Die ÖVP-Korruptionsaffäre sorgte für den Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz. Dessen Partei erlebt unruhige Zeiten und Abstürze in Umfragen. Gegen Kurz und zahlreiche andere türkise Personen wird ermittelt. Nun ist Staranwalt Manfred Ainedter an Bord eines Beschuldigten. Sein Sohn Klaus vertritt Gerald Fleischmann. Die Kronzeugenregelung sieht er problematisch. Ebenso den Umgang mit Chats. Er fordert Reformen.

Wer legt alle Karten auf den Tisch, um im bösen Spiel nicht alles zu verlieren? Kronzeuge ist das Schlüsselwort. Immerhin hat die WKStA eine Schlüsselzeugin. Eine Meinungsforscherin, die beteiligt war an frisierten Umfragen, platziert in Fellners „Österreich“, um Sebastian Kurz mit an die Macht zu helfen. So der Verdacht der Ermittler. Weitere neun Beschuldigte gibt es. Darunter Kurz und enge Vertraute. Wie Gerald Fleischmann, Ex-Medienbeauftragter.

Er galt als Mann fürs Grobe in der türkisen „Message-Control-Zentrale“. Nun hat er einen erfahrenen Strafrechtsanwalt an seiner Seite: Manfred Ainedter. Sohn Klaus wird Fleischmann vertreten. Die Delikte Untreue, Bestechlichkeit, Bestechung sind mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Sebastian Kurz mit Gerald Fleischmann im März 2020 (Bild: Arno Melicharek)
Sebastian Kurz mit Gerald Fleischmann im März 2020

War die Festnahme unrechtmäßig?
Zum Mandaten seines Sohnes äußert sich Ainedter nicht, wohl aber zu grundsätzlichen Punkten. Stichwort Kronzeugenregelung. Die sei problematisch, und es sei kaum vorstellbar, dass sie für die Marktforscherin gelten könne, wie kolportiert wurde. „Sie war schon vor ihrer Einvernahme beschuldigt. Zudem gab es eine Hausdurchsuchung.“ Es sei zu bezweifeln, ob die Festnahme rechtmäßig war, zumal das Löschen eigener Daten kaum strafbar sein könne. Für den Präsidenten der Strafverteidiger-Vereinigung ist es auch nicht nachvollziehbar, warum alles in einem Akt liegt. „Da entscheidet dann immer derselbe Richter. Außerdem: Was haben die Casinos mit der Inseratenaffäre zu tun?“ Die Bereiche müsse man trennen. Rund 60 Leute sind in den Riesenkomplex, ausgelöst durch Ibiza, involviert und haben Akteneinsicht.

Ein Anwalt könne jene Aktenteile, die andere betreffen, an Journalisten weitergeben. „Wenn sich die WKStA bei den Leaks aber immer auf Anwälte ausredet, macht sie es sich zu einfach.“ Wenn es einen Verdacht auf Leaks aus der WKStA gebe, müsse man auch dem nachgehen. „Ich fordere die Einführung von Wasserzeichen bei der Herausgabe der Aktenkopien an die Verteidiger. Hier geht es Rückverfolgbarkeit.“

„Chats sind persönlich“
Apropos: Auch den Umgang mit Chats, die die Turbulenzen auslösten, kritisiert Ainedter. „Chats sind persönlich. Und ob sich zwei über die Kirche oder Kinderbetreuung austauschen, ist strafrechtlich irrelevant.“

Die WKStA indes meint, sie würde nur jene Aspekte in den Akt nehmen, die für die Zusammenhänge des Falles relevant sind. Für den Kontext also. Manfred Ainedter vermutet, dass die Ermittler auf Zukunftsfunde hoffen. „Man schaut, was man alles findet. Dann landet alles – auch über den U-Ausschuss – in der Öffentlichkeit. Es braucht dringend Reformen.“

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