Mit Klagen gegen die Republik hat der Steyrer Anwalt und Philosoph Hubert Niedermayr für Schlagzeilen gesorgt. Vorübergehend gab er nun den Juristen-Job auf und schrieb das Buch „Exit Covid! - Plädoyer für die Impfpflicht“.
„Krone“: Vom Anwalt zum Autor, wie ist es dazu gekommen?
Hubert Niedermayr: Das hat sich in den letzten Jahren herauskristallisiert, weil es mir einfach Spaß macht, mich über das Juristische hinaus zu beschäftigen. Dass ich dieses Buch nun geschrieben habe, hat aber auch persönliche Beweggründe. Ein langjähriger Freund von mir war eines der ersten Corona-Todesopfer in Österreich. Dann gab es auch in meiner Familie mehrere Todesfälle, die aus meiner Sicht überhaupt nicht notwendig waren.
Wie wären sie zu verhindern gewesen?
Es hätte schon gereicht, wenn ein bisschen mehr Vorsicht geherrscht hätte. Dann hat leider die Bundesregierung viele Fehler gemacht. Jetzt sind wir aber an einem traurigen Punkt angelangt, wo uns nur noch die Impfpflicht helfen kann. Und das auch nachhaltig.
Wieso?
Weil nur so die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen ist und eine Impfung sehr, sehr risikoarm ist. Auch wenn es verschiedenste Verschwörungstheorien gibt, da ist nichts dran. Eine Impfung ist sicher. Durchbrüche sind sehr unwahrscheinlich. Von 1000 Geimpften erwischt es vier. Wer sich hingegen nicht impfen lässt, wird hundertprozentig infiziert werden.
Mir wird unterstellt, von der Pharma-Mafia bezahlt oder ein Agent der Regierung zu sein. Nichts liegt mir ferner, ich habe den Staat so oft geklagt.
Hubert Niedermayr
Ist ein Impfzwang überhaupt rechtmäßig?
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erst vor Kurzem ausgesprochen, dass eine Impfpflicht an sich zulässig ist. Man kann sie einführen, wenn es Voraussetzungen gibt. Und wenn ich mir die Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte im Zusammenhang mit Krankheits- und Umweltgefahren anschaue, dann sind die Voraussetzungen erfüllt. Der Staat ist in der Verantwortung. Der darf nicht zuschauen und muss geeignete, nötigenfalls auch scharfe Maßnahmen treffen, um Gesundheitsschädigungen zu verhindern.
Wie stellen Sie sich die Impfpflicht konkret vor?
Da gibt es viele Möglichkeiten und viele Fantasien von Gesundheitspolitikern, da könnte man Geldstrafen verhängen, man könnte aber auch gewisse Privilegien unterbinden, beispielsweise wie wir sie jetzt schon haben. Statt 3G könnte für bestimmte Plätze der Zugang nur mit 1G möglich sein.
Heißt Impfpflicht für Sie, dass wir eine Quote von 100 Prozent brauchen?
Damit Corona einschläft, würden 85 Prozent auch reichen. Wenn ich die nicht impfbare Bevölkerung dazuzähle, fehlen uns zwölf oder 13 Prozent. Das ist nicht mehr viel, aber ohne Impfpflicht droht uns gerade auf den letzten Metern die Luft auszugehen.
Wenn sich noch 13 Prozent impfen lassen, bekommen wir die Pandemie unter Kontrolle. Leider droht uns auf den letzten Metern die Luft auszugehen.
Jurist und Autor Hubert Niedermayr
Kann die Quote der Immunisierten nicht durch neue Anreize verbessert werden?
Das hat die Regierung ja schon versucht, wenn auch halbherzig und inkonsequent. Es hätte schon viel früher eine gescheite Information über die Impfung geben müssen, dann wäre der Bürger mündig gewesen und hätte selbst entscheiden können. Jetzt versucht man es über immer schwerere Zugänge zu Leistungen. Das ist unehrlich, weil jeder weiß, dass man damit nur die Menschen zur Impfung bringen will, sagt das aber nicht öffentlich. Das zerstört das Vertrauen.
Was bringt die Impfpflicht in Österreich, wenn unsere Nachbarn nicht mitmachen?
Es kommt immer auf die Kreise an, wo man sich meist bewegt. Natürlich haben wir einen Austausch, aber im Verhältnis zu dem, was in Österreich passiert, ist dieser doch sehr gering.
Die Liste MFG ist äußerst impfkritisch und hat bei den Wahlen viel Zuspruch bekommen. Das heißt, dass eigentlich viele Menschen von einer Impfpflicht nichts halten.
Das ist ein großes Problem. MFG ist eine impfskeptische Gruppe, um ehrlich zu sein, eine staatsskeptische Gruppe. Da gibt es einige, die glauben dem Staat nichts mehr. Das liegt leider auch daran, dass verschiedene Maßnahmen der Bundesregierung ganz einfach handwerklich schlecht waren und vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Das hat viel Vertrauen vernichtet und führt dazu, dass sich Fronten verhärten, die Gesellschaft sich spaltet und einige Leute sagen, ich will mit dem Staat nichts zu tun haben. Das führt leider dazu, dass der Egoismus unglaublich überhand nimmt, dass viele nur an sich selbst denken und glauben, durch eine Impfung schütze ich nur mich selbst.
Also müssten die Impfskeptiker ihr Plädoyer für eine Impfpflicht kaufen und lesen. Gehen Sie davon aus?
Natürlich versuche ich in erster Linie, die Impfskeptiker anzusprechen. Es schadet aber auch nicht, es zu lesen, wenn man von der Wirkung der Vakzine überzeugt ist. Ich liefere einen Überblick über den rechtlichen und ethischen Hintergrund, einen historischen Rückblick. Mit diesen Infos tut man sich leichter, wenn man mit Skeptikern spricht.
Auf Social Media haben Sie nicht nur Freunde.
Das stimmt. Die Szene ist dermaßen radikalisiert, dass laufend Drohungen einlangen. Es gibt Hunderte Kommentare, in denen ich beschimpft werde. Wenn es mir eine Freude gemacht hätte, hätte ich jeden Tag klagen können, auf Unterlassung, Kreditschädigung, Ehrverletzung. Es ist mir aber zu mühsam.
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