Mit Nico Dostals „Clivia“ hat die Grazer Oper nicht gerade ein Schlüsselwerk der Operettengeschichte auf den Spielplan gesetzt. Die unentschlossene Regie Frank Hilbrichs hilft einem da auch nicht wirklich durch den dreistündigen Marathon. Das spielfreudige Ensemble und der Schwung des Orchesters unter Marius Burkert schon eher.
Der Dreh in der südamerikanischen Pampa mit Filmdiva Clivia dient Produzent Potterton (Markus Butter in cooler Montur) nur als Vorwand für seine dubiosen Geschäfte, die auch vor einem Staatsstreich im fiktiven Boliguay nicht zurückschrecken. Der Hauptdarsteller springt deswegen ab und wird durch einen Gaucho ersetzt, der in Wirklichkeit Revolutionsgeneral Olivero ist. Verwirrend genug für eine Operette. Und der Abend fängt auch gut an.
Falsche Distanz
Der eiserne Vorhang verwandelt sich in eine Kinoleinwand und zeigt die ersten Szenen des Films. Damit sind die guten Ideen aber aufgebraucht. Was folgt, ist eine eher unzusammenhängende Aneinanderreihung von Liedern, die in ein omnipräsentes Mikrofon gesungen werden. Trotz heftiger Knutscherei will auch keine glaubwürdige Beziehung zwischen den beiden Protagonisten aufkommen. Nicht einmal das sonst so überzeugende Buffo-Paar (Anna Brull als quirlige Anführerin einer weiblichen Brigade und Ivan Oreščanin als Reporter ohne Grenzen) bekommen da eine Chance. Distanz an der falschen Stelle hilft einer Operette nicht.
Verletzungspech
Sieglinde Feldhofer ist eine perfekte Besetzung für die Filmdiva Clivia. Im reinen Weiß-Silber und ständig wechselnden Kostümen (Gabriela Rupprecht) kann sie viele Facetten zeigen. Da tut sich Matthias Koziorowsky etwas schwerer: Gleich bei seinem erste Auftritt reißt ihm die Achillessehne. Doch mit zusammengebissenen Zähnen und humpelnd singt der Tenor, seit heuer fixes Ensemblemitglied in Graz, die Aufführung zu Ende. Im zweiten Teil springt ihm Regieassistent Florian Kutej zur Seite und spielt die Szenen für den schmerzgeplagten Sänger. Das war übrigens bei weitem das Aufregendste an diesem Abend. Das Lustigste ist Gerald Pichowetz als wienerischer Gustav Kasulke.
Der richtige Operettenschwung kommt aus dem Orchestergraben, wo die Grazer Philharmoniker unter Marius Burkert sich auch als famoses Tanzorchester erweisen, sowie vom Chor und vom Ballett (Beate Vollack).
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