Ungewohntes Szenario am Mittwoch am Landesgericht: Beschützt von kräftigen Securitys fanden sich drei Verantwortliche der KitzVenture GmbH als Angeklagte ein. Vorwurf: 79 Anleger sollen mit Zinsversprechen von 9,75% gelockt worden sein (176.000 Euro Schaden). Zudem sei man Werbeeinschaltungen schuldig geblieben. Einer der drei Angeklagten wurde bereits freigesprochen, die anderen müssen sich demnächst erneut verantworten.
Vor wem die Security-Herren in einheitlichen rot-schwarzen Krawatten die Angeklagten schützen sollten, blieb unklar. Vor verärgerten Anlegern? Doch die Zusehersessel im Schwurgerichtssaal blieben fast leer. 2016 waren die Deutschen nach Kitzbühel gekommen und hatten sich für die Gründung sogar Hilfe von Stadtchef Klaus Winkler geholt. Inklusive Einmietung im obersten Stock seines Kanzleigebäudes. Das Geschäftsmodell fußte auf der Beteiligung bei Start-up-Unternehmen mittels Nachrangdarlehen. Dabei wurde den Anlegern - teils honorigen Personen bis hin zu einem Oberstaatsanwalt - ein sagenhafter Zinssatz von 9,75 Prozent versprochen.
Konten wurden geöffnet
„Als keine Rückflüsse an die Investoren erfolgten, wurden die Konten geöffnet“, schilderte der Staatsanwalt. Dabei sollen keine Firmenbeteiligungen nachvollziehbar gewesen sein. „Es war wie ein Pyramidenspiel aufgebaut“, erhob der Anklagevertreter gleich eingangs schwere Betrugsvorwürfe. Verteidiger Klaus Ainedter schob die Schuld am irreführenden Prospekt für die Anleger auf eine beratende Tiroler Rechtsanwaltskanzlei. Das Prospekt hatte schon 2017 Finanzmarktaufsicht und Konsumentenschutz auf den Plan gerufen.
„Keine Schädigungsabsicht“
Während sich der Erstangeklagte (45) der Aussage vorerst entschlug, nahm der zweitangeklagte Geschäftsführer Patrick Landrock (36) Stellung. „Niemals kamen wir in Schädigungsabsicht nach Kitzbühel. Die Firma kitzVenture ist mein Baby und wir konnten unser Geschäftsmodell nicht ausrollen, weil von allen Seiten auf uns hingehauen wurde.“
Werbung nicht bezahlt
In Erklärungsnot geriet Landrock bezüglich nicht bezahlter Werbungen an Medien (658.000 Euro Schadensvorwurf). Er sei ja gar nicht der Anrufer beim ORF gewesen, der den Auftrag gab. Auch eine Unterschrift unter einen anderen Antrag müsse gefälscht sein. In punkto Anleger betonte Landrock später erfolgte Rückzahlungen samt Zinseszins. Nächster Prozesstag 15. November.
Umtriebig und umstritten
Die kitzVenture GmbH beschreibt sich als „in Tirol verwurzeltes und international agierendes Unternehmen“. Es unterstütze Start-ups und junge Firmen mit Risikokapital, Know-how und Dienstleistungen. Manche mag es beim Prozess überrascht haben, dass die Firma trotz aller Turbulenzen noch existiert und sogar florieren soll. Dem Richter wurde die positive Bilanz 2020 übergeben. Für Beachtung und Kritik sorgt kitzVenture mehrfach. Bald nach Beginn der Coronakrise bewarb man 08/15-Mundschutzmasken „gegen Bakterien und Viren“. Eine Klage des VKI wegen dieser Art der Bewerbung samt einem Unterlassungsvergleich folgte. Ein „Desinfektionswasser gegen Keime“ sah der VKI als überteuert. Beim Prozess war zudem von Plänen einer eigenen Online-Apotheke die Rede.
Drittangeklagter freigesprochen
Dem Drittangeklagten, der damals als Treuhänder für die KitzVenture agierte, war zu Lasten gelegt worden, dass er zusammen mit dem Zweitangeklagten Anwälte und Berater beigezogen, diese dann aber nicht bezahlt hätte. Die Zeugen entschlugen sich aber der Aussage, es erging ein Freispruch für den 51-Jährigen.
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