Totales Marktversagen

Führt Wien eine Abgabe auf leere Wohnungen ein?

Wohnen & Verkehr
04.11.2021 16:00

In Wien werden mehr Wohnungen errichtet als benötigt. Dennoch steigen die Preise. Gut für die Konzernbosse, schlecht für die Menschen. Ein totales Marktversagen. Die Stadt wird Maßnahmen setzen (müssen). 

Bis vor wenigen Jahren ging die Erzählung so: Wiens Bevölkerung wächst rasant, es gibt zu wenig Wohnraum. Ab 2017 drehte sich der Spieß um. Seither werden mehr Wohnungen gebaut, als gebraucht. Zur Verdeutlichung: Im Vorjahr kamen netto 10.000 Neu-Wiener dazu, die laut Arbeiterkammer 5000 Einheiten benötigen. Fertig gestellt wurden 17.000. Mehr Angebot, Preis sinkt, sagt das Lehrbuch. Aber nur, wenn der Markt funktioniert.

Tut er nicht. Die Kaufpreise steigen seit 2016 um 25 Prozent, die privaten Hauptmietzinse gingen um fast 16 Prozent hinauf. Warum? Es wird im falschen Segment produziert. Weil die Bodenpreise explodieren, sind acht von zehn Neubau-Wohnungen privat errichtet. Zu Preisen, die sich kein normaler Wiener leisten kann.

Die Eigentümer sind oft (internationale) Anleger. Einige lassen ihr „Betongold“ leer stehen und spekulieren auf Wertsteigerung. Jährlich fünf Prozent mehr lässt die Bilanz glänzen. Da fallen die Betriebskosten nicht groß ins Gewicht, erklärt AK-Experte Thomas Ritt.

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Eine Meldepflicht für leer stehende Wohnungen ist zu prüfen. Meiner Meinung nach ist eine moderate Leerstandsabgabe rechtlich möglich.

Georg Prack, Wohnbausprecher Grüne Wien

Kommt eine moderate Leerstandsabgabe?
Gut für die Konzernbosse. Schlecht für die Menschen. Was ist die Lösung? Mehr Rechte für die Länder in der Wohnpolitik, so Ritt. Oder eine Leerstandsabgabe. Georg Prack von den Grünen fordert eine moderate Abgabe wie Tirol und Salzburg damit liebäugeln. „Rechtlich ist das meiner Meinung nach möglich“, so Prack. Die Arbeiterkammer stimmt am 11. November bei ihrer Versammlung darüber ab. Die stärkste Fraktion ist dafür.

Kathrin Gaal (SPÖ) (Bild: APA/HANS PUNZ)
Kathrin Gaal (SPÖ)

Auch SPÖ-Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál ist sich der heiklen Situation bewusst. „Es wird sich was tun. Wir sind dran“, sagt ihr Sprecher. Allerdings hat der Bund ein gewichtiges Wort mitzureden. Wohn- und Eigentumsbelange reichen bis in den Verfassungsrang. Allerdings könnte die ÖVP bei Änderungen mitziehen. Schwarz/türkise Landesfürsten haben genauso mit verwaisten Zweitwohnsitzen zu kämpfen. Und liberalen Konservativen kann ein kaputter Markt nicht egal sein (auch wenn sich der Hausbesitzerbund gegen eine Abgabe wehrt).

Basis wäre jedoch, zu wissen, wie viele Wohnungen in Wien ungenutzt sind. Also als reines Spekulationsobjekt dienen. Die letzte aussagekräftige Erhebung stammt aus dem Jahr 2015. Damals standen 35.000 Wohnungen leer, darunter 10.000 langfristig. Sehr wahrscheinlich, dass es heute deutlich mehr sind.

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