Dieses Schicksal lässt den Atem stocken: Elgouth Montassar verlor im Sommer zuerst die Eltern, dann seine Frau an Corona. Allesamt ungeimpft. Den Job als Bäcker musste der Wiener aufgeben, damit er nachts bei den drei Kindern sein kann.
Auf den ersten Blick sieht man den Kleinen nicht an, was ihnen vor wenigen Wochen widerfahren ist. Sie laufen auf dem Spielplatz herum, rutschen und spielen fangen. Als Daliah (8) aber von ihrer Mutter und ihren Großeltern erzählt, kullern dicke Tränen über ihre Wangen: „Ich vermisse die drei so sehr.“
Opa starb am Tag der Anreise an Corona
Die Tragödie der Familie aus Liesing nahm am 1. August ihren Ausgang. Als sie erstmals nach den Lockdowns ihre Verwandten in Tunesien besuchen wollten: „Wir haben unsere Familien zwei Jahre lang nicht gesehen. Die Zahlen waren okay. Wir ahnten nicht, welch katastrophale Zustände uns in Tunesien erwarten würden“, erinnert sich Elgouth Montassar (45) an die schlimmsten Wochen seines Lebens. „In der Früh unseres Abflugs wurde ich angerufen. Mein Papa sei an Corona gestorben. Es ging unheimlich schnell.“
Oma erlitt aus Trauer einen Schlaganfall
In Tunis angekommen, konnte „Momo“, wie ihn Freunde nennen, seine Mama noch in die Arme schließen. Doch nur zwei Wochen später starb auch sie. Diagnose: Schlaganfall. „Meine Eltern waren 60 Jahre zusammen. Sie konnte den Tod meines Vaters nicht verkraften.“
Ich habe der Mama durch die Glasscheibe im Spital gewunken, aber ich durfte nicht zu ihr ins Zimmer. Ich hoffe, sie hat mich gesehen.
Deliah, 8, über die letzte Begegnung mit ihrer Mama Mitte September
aus Schule 43-jährige Mama hatte keinerlei Vorerkrankungen
Während sich der Familienvater, der seit zwölf Jahren in Wien lebt und arbeitet, um den Nachlass kümmerte, blieb seine Frau Rim, eine Journalistin, mit Daliah, Youssef (6) und Gad (5) bei ihren Eltern in Tataouine. Plötzlich fühlte sich die 43-Jährige schlecht, machte einen Corona-Test: „Sie rief mich an und sagte, dass sie positiv ist.“ Am 13. September verlor die lebensfrohe, aber ungeimpfte Frau den Kampf um ihr Leben. „Ich habe der Mama durch die Glasscheibe im Spital gewunken, aber ich durfte nicht zu ihr ins Zimmer. Ich hoffe, sie hat mich gesehen“, erinnert sich die tapfere Daliah. Eltern der Freunde aus Schule und Kindergarten wollen helfen und richteten ein Spendenkonto ein: www.betterplace.me/hilfmontassar
Ich muss kämpfen, ich habe keine andere Wahl. Für meine Kinder. Auch wenn ich noch nie so große Angst hatte wie jetzt.
Elgouth Montassar, 45, traf das Schicksal diesen Sommer schwer.
Job als Bäcker in der Nacht nun nicht mehr möglich
Zurück in Wien, versucht die Achtjährige, ihren Papa zu unterstützen. „Er ist so traurig. Ich sage zu ihm: Papa, wir sind bei dir und helfen dir.“ Die Situation ist für den nun alleinerziehenden Mann beklemmend. Arbeitete er doch als Bäcker, nachts von 23 Uhr bis 6.30 früh. „Den Job musste ich aufgeben, um bei meinen Kindern sein zu können, wenn sie schlafen. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. So große Angst hatte ich nie zuvor in meinem Leben.“
„Mama sieht vom Himmel aus auf uns“
Sofort nach der Rückkehr ließ sich der vom Schicksal gebeutelte Vater impfen: „Das ist notwendig, das weiß ich jetzt.“ Seine größte Sorge gilt den entzückenden Kindern, denen er sagt: „Mama sieht jetzt vom Himmel aus auf uns herunter. Sie will, dass wir lachen und glücklich sind!“
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