Sieben Wochen nach seinem stillen Rücktritt spricht der Rekordadler Gregor Schlierenzauer über seine Entscheidung, über sein Scheitern, seine Pläne für die Zukunft und sein Verhältnis zu Trainer Alex Pointner.
„Krone“: Gregor, in den Tiroler Bergen liegt der erste Schnee. Juckt es dich nicht, da auf einer Schanze zu springen?
Gregor Schlierenzauer: Nein. Es passt gut so. Die Entscheidung aufzuhören fühlt sich richtig an. Ich komme sogar drauf, dass ich den Sommer lieber habe.
Wann ist der Entschluss gereift, nach 15 Weltcupjahren die Sprungski wegzulegen?
Im Juli. Ich spürte, dass ich nicht mehr die volle Leidenschaft reinlegen könnte. Ich habe mir aber bewusst länger Zeit gelassen. Meine Deadline war Anfang September. Dann wäre es noch möglich gewesen, im Winter zu springen.
Warum ist es dir nicht gelungen, an alte Erfolge anzuschließen?
Ich war knapp dran, kann mir nichts vorwerfen. Ich bin letztendlich an dem System, das mich früher erfolgreich machte, gescheitert.
Wie hart waren für dich die sechs Saisonen ohne Sieg?
Ich sehe es positiv. Es waren eigentlich die geilsten Jahre, weil ich sehr stark an mir arbeiten musste. Dass es erfolgsmäßig kein Highlight mehr gab, ist im Endeffekt egal. Für mich ist es eine runde Geschichte.
Viele Sportler fallen nach der Karriere in ein Loch. Welche Pläne hast du?
Im Vorjahr habe ich mit einer Ausbildung zum Immobilienmakler begonnen. Ich folge da meiner Leidenschaft, Wohnungen und Häuser zu gestalten. Da möchte ich Fuß fassen.
Und ein Trainer-Job?
Da habe ich mir wenig Gedanken gemacht. Sollte mich Österreich brauchen, wäre ich bereit, was zu tun. Als Trainer sehe ich mich nicht, eher in einer beratenden Rolle.
Du hast immer polarisiert. Bei Adler-Misserfolgen warst du sogar ein Feindbild
Natürlich ist es nicht fein, wenn ein Shitstorm über einen hereinbricht. Ich war sicher ein sehr von Erfolg getriebener junger Mensch. Ich habe mir selten ein Blatt vor den Mund genommen, auch wenn es manchmal gescheiter gewesen wäre.
Viele Fans kreiden dir auch an, dass du 2014 für den Abgang von Alex Pointner verantwortlich gewesen sein sollst
Das ist nicht richtig. Nach einer Athleten-Sitzung haben alle einen Zettel unterschrieben, Manuel Fettner ist als Teamältester damit zum Verband gegangen. Ich habe nach wie vor mit Alex ein gutes Verhältnis, schätze ihn sehr, bin sehr dankbar für alle Erfolge.
Apropos Erfolge? Der Traum vom Olympiagold im Einzel blieb unerfüllt
Ich habe mehr erreicht, als ich mir als Kind je erträumt habe. Für Österreich bei einem Großereignis zu springen waren immer Gänsehautmomente.
Auffallend ist, dass du derzeit keine Sponsoren hast?
Ich bin dankbar für alles, was war. Ich hatte immer treue Partner gehabt, sie haben mir Flügel verliehen.
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