Die Belastung in den Intensivstationen nimmt kritische Ausmaße an. Die neuen Regeln könnten zu spät zu wenig bewirken, regionale Einschränkungen drohen. Ausweg: Impfen!
Hohe Zahlen, nach wie vor: 7712 Neuinfektionen am Dienstag - zumindest weniger als die letzten Topwerte. Doch weitere 39 Todesfälle, und auch die Hospitalisierten-Zahlen steigen: 2152 gab es am Dienstag, um 150 mehr als tags zuvor. Und auf den Intensivstationen liegen 403 Patienten.
In den Krankenhäusern ist die Lage teils wieder bedrohlich, gerade in Oberösterreich und Salzburg, wo die Durchimpfungsrate am niedrigsten und die Sieben-Tage-Inzidenzen hoch sind - Oberösterreich 1056,2, Salzburg 894,6.
Es sind nach wie vor zu wenig Menschen geimpft. Dabei kann eine hohe Impfquote die Lage stabilisieren - wie etwa in Portugal, Spanien, Italien.
Impfexperte Herwig Kollaritsch, MedUni Wien
Infektiologe: „Extrem kritisch“
„Extrem kritisch“ ist es laut Infektiologe Richard Greil im Landeskrankenhaus Salzburg. Hier kommt die Corona-Belastung zu einem sowieso schon gravierenden Pflege- und Bettenmangel dazu. Heißt auf Dauer: „Wir werden niemals die Kapazitäten der Covid-Versorgung wie im Vorjahr halten können“, sagt er zu Ö1. Das gehe zulasten aller, auch Normalstationen. Man bemühe sich, die Patientenversorgung auf höchstmöglichem Niveau aufrechtzuerhalten, „aber wir sind in einer sehr prekären Situation“. Um die vierte Welle brechen zu können, bräuchte es sofort restriktive Maßnahmen: „Es muss eine Reduktion in einem Ausmaß getroffen werden“, die der ganzen Lage entspreche. Zumindest für sein Bundesland sieht er Maßnahmen wie 2G bzw. 3G zu spät eingesetzt, um frühzeitig Wirkung zeigen zu können.
Wenn 2G nicht greift, könnte es sein, dass in manchen Ländern auch Geimpfte wieder in Quarantäne müssen, wenn sie exponiert waren.
Epidemiologe Gerald Gartlehner, Donau-Uni Krems
Dabei wäre es so einfach, das beste Mittel im Kampf gegen die Pandemie haben wir ja, die Impfung. Doch die Impfquote ist zu niedrig, 80 Prozent wären zumindest nötig. Dringend empfohlen ist jetzt auch die Auffrischung. Hier alle Infos dazu:
Die Schutzwirkung der Vakzine lässt nach, deshalb gibt es den Boost sechs Monate nach dem Zweitstich für alle ab 18.
Wer mit Janssen (Johnson & Johnson) geimpft worden ist, sollte sich rasch einen Stich mit Biontech/Pfizer abholen - Mindestabstand zur letzten Covid-Impfung hier: 28 Tage.
In begründeten Ausnahmefällen ist eine Auffrischung früher sinnvoll, etwa bei hohem Expositionsrisiko oder wenn man AstraZeneca bekommen hat.
Wer mit der Auffrischung das Intervall von 120 Tagen zur letzten Covid-Impfung unterschreitet, bei dem wird der Stich nicht als dritte Impfung gewertet - das zählt also nicht für den Grünen Pass.
Generell sind für die dritte Impfung mRNA-Vakzine (Biontech/Pfizer, Moderna) empfohlen. Hat man zuvor schon einen solchen bekommen, sollte man dabei bleiben. Ist man unter 30 Jahre alt, sollte man nur Biontech/Pfizer bekommen, Moderna nur noch über 30.
Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums: www.sozialministerium.at
Wenn Maßnahmen wie 2G bzw. 3G nicht schnell genug Effekte zeigen, wird wohl nicht viel anderes übrig bleiben als regionale Kontaktbeschränkungen, wie Epidemiologe Gerald Gartlehner sie bereits angesprochen hat. Dennoch hofft auch er, dass sich die Zahlen mit den gegebenen Regeln stabilisieren lassen. Was Oberösterreich anbelangt, sollte man in den nächsten zehn Tagen einen Effekt sehen, sonst werde man wohl weitere Schritte überlegen müssen.
Die Situation ist äußerst prekär. Aus meiner Perspektive ist es unvermeidbar, sofort restriktive Maßnahmen zu setzen.
Richard Greil, Vorstand Uni-Klinik für Innere Medizin III, Salzburg
Dementi aus dem Bundeskanzleramt
Auch wenn seitens der Bundesregierung Gerüchte eines österreichweit geplanten Lockdowns dementiert werden: Über soziale Medien wurde die Falschmeldung verbreitet, dass ab 17. November die Lokale wieder schließen müssten und nächtliche Ausgangssperren kämen. Diese Behauptungen „sind falsch und entbehren jeder Grundlage“, heißt es aus dem Kanzleramt. Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte noch am Freitag erklärt, dass man keinen Lockdown für Geimpfte wolle.
Allein: Da klang der Kanzler bereits einen Tag später im großen „Krone“-Interview schon weit weniger kategorisch. Und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte das Ganze einen Tag darauf in der ORF-„Pressestunde“ auch noch einmal abgeschwächt.
Und wenn wir eines in der Pandemie gelernt haben, dann, dass Versprechungen nicht immer halten bzw. es gar nicht können. Manchmal auch deshalb, weil Teile der Bevölkerung nicht mitmachen: Impfen wäre nämlich angebracht.
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