Einen Klassiker der Sagenliteratur nehmen sich Next Liberty und Oper Graz in ihrem neuen Familienmusical vor: Robert Persché und Walter Raidl haben „Robin Hood“ zu einer entzückenden und pointenreichen Musik-Posse umgedeutet, die Regisseur Michael Schilhan voller Seitenhiebe auf die gegenwärtige Lage inszeniert.
Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit, Gentrifizierung und Corona-Krise - der literarisch von „Robin Hood“ in unser Gedächtnis gepflanzte Sherwood Forest blüht auf der Bühne der Grazer Oper mit den Problemen der Gegenwart auf. Der goldgeile Prinz John nämlich will den Wald roden lassen und hier sein neues Luxus-Schloss mit Infinity-Pool und Helikopter-Landeplatz errichten. Der weibliche Sheriff versucht diesen Plan nicht nur mit Fäusten, sondern auch mit Fake News durchzuprügeln. Finanziert werden soll das Projekt durch eine Steuererhöhung für die Ärmsten.
Der Rächer der Enterbten
Nur ein Mann scheint mutig genug, den Kampf gegen diese Ungerechtigkeit aufzunehmen: Robin Hood, dessen Pfeile immer genau im Ziel landen - so auch im Herzen von Marian, die eigentlich den Prinzen heiraten soll. Doch Marian ist mehr als nur Robin Hoods Objekt der Begierde. Denn obwohl sie selbst aus der „upper class“ kommt, sind ihr die Probleme der Umwelt und das Leid der Armen nicht egal. Und so stachelt sich das „woke“ Pärchen gegenseitig zum Kampf an.
Was in seiner Grundausrichtung wie eine sehr moralische Adaptierung des Sagenklassikers klingt, kommt durch die pointenreichen Dialoge und Songtexte von Robert Persché und Walter Raidl in bester Boulevard-Tradition auf die Bühne. Die Wortwitze fliegen mindestens so schnell und tief wie die Pfeile von Robin Hood. Dazu mixt das Duo noch flotte Ensemblenummern und ein paar herzige Balladen, die der Liebe zwischen Robin und Marian musikalisch Gewicht verleihen.
Slapstick-Komödie und Liebestanz
Diesen Mix aus Slapstick-Komödie und Liebestanz zelebriert auch Michael Schilhan in seiner rasanten Inszenierung voller Seitenhiebe auf die gegenwärtige Lage: Da werden etwa die Pfeile brav desinfiziert, bevor man damit zum großen Duell antritt. Und auch der politische Wandel in Graz und England (Stichwort: Brexit) findet sich in vielen kleinen Momenten gespiegelt.
Wunderbar getragen wird all das von einem tollen Ensemble, allen voran Christoph Steiner als charmant-frecher Robin Hood, der nicht nur Lisa Rothhardt als herzig-übermotivierte Marian zu entzücken weiß, sondern auch das Publikum. Ein gefundenes Fressen sind freilich die Rollen der Bösewichte: Michael Großschädl glänzt als affektierter, überheblicher und abgehobener Prinz John, und Tini Kainrath kostet jeden Moment als fiese Sheriffin von Nottingham mit Gusto aus.
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