Der Lockdown für Ungeimpfte läuft, weitere Bundesländer haben Maßnahmen verschärft. Die Beratungen gehen weiter: Was uns blühen kann? Alles bis zu einem Lockdown für alle.
Am Mittwoch, zehn Tage nach Inkrafttreten der 2G-Regel, will Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) Bilanz ziehen und dann mit den Ländern über weitere Maßnahmen verhandeln. Dabei hat er nicht nur das am Freitag von mehr als 30 Wissenschaftlern vorgelegte Maßnahmenpaket dabei, sondern auch ein eigenes.
Kanzler weiß nichts von Mittwoch-Gipfel
Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sagte am Montagabend in einer „ZiB Spezial“, von einem weiteren Gipfel am Mittwoch wisse er nichts. Mit dem Gesundheitsminister, „der natürlich aktuell sehr gefordert ist“, habe er eine gute Gesprächsbasis, betonte Schallenberg. Aber er erwarte sich auch, „dass wir als Bundesregierung gemeinsam agieren, das ist das Ziel“. Schallenberg will weiter auf die Erhöhung der Impfquote setzen.
Man habe sich den Beschluss, die Ungeimpften in den Lockdown zu schicken, nicht leicht gemacht, so der Kanzler. Und man sei davon überzeugt, dass die bereits gesetzten Maßnahmen wie 3G am Arbeitsplatz und 2G in der Freizeit Wirkung zeigen würden. Auch die Kontaktbeschränkungen der 35 Prozent Ungeimpften würden den gewünschten Effekt erzielen: „Ich denke, wir sollten da etwas zuversichtlicher sein.“
Bei den nach wie vor hohen Zahlen - am Montag 11.889 Neuinfektionen, so viele wie noch nie zu einem Wochenstart - werden uns Verschärfungen nicht erspart bleiben.
„Nur eine Vollbremsung kann den Zug noch stoppen“
Molekularbiologe Ulrich Elling zur Lage: „Der Zug ist auf Schiene, in voller Fahrt. Was ihn jetzt noch stoppen kann, ist eine Vollbremsung. Es wird nicht ohne Kollateralschäden gehen.“ Gesundheitspersonal und Spitäler seien schon überlastet, das Epidemiologische Meldesystem EMS am Zusammenbrechen - als Folge der noch deutlich geringeren Neuinfektionen von vor zwei, drei Wochen. „Das Virus arbeitet jetzt an der Inzidenz für nächste Woche, unsere Maßnahmen basieren auf jenen der vergangenen. Wir müssen einen großen Schritt machen, um zu überholen.“
Wer sich heute infiziert und schwer erkrankt, wird zu einem Zeitpunkt intensivpflichtig, wo zu wenig Betten zur Verfügung stehen werden.
Molekularbiologe Ulrich Elling
Komplexitätsforscher Peter Klimek nennt den Lockdown für Ungeimpfte eine „Wundertüte“, ein „Experiment mit ungewissem Ausgang“. Er appelliert, sich auch endlich eine langfristige Strategie zuzulegen - und die bräuchten wir jetzt.
Wir brauchen eine langfristige Strategie. Wir müssen jetzt nicht nur die Akutkrise lösen, sondern auch schauen, wie wir eine fünfte Welle verhindern.
Komplexitätsforscher Peter Klimek
So machen es andere (Bundes-)Länder und die Welt:
Österreich: Einzelne Bundesländer haben schon verschärft: So gilt in Wien längst FFP2-Pflicht in Innenräumen, Oberösterreich und Salzburg sowie am Montag Kärnten und Niederösterreich zogen nach - in Kärnten soll sie quasi überall gelten. In Wien braucht es z.B. auch 2Gplus für die Nachtgastro, in Oberösterreich ist diese überhaupt bis 6. Dezember geschlossen. Salzburg verbietet Alkohol in der Öffentlichkeit.
Europa: Die Niederlande haben am Wochenende einen Teil-Lockdown für drei Wochen verhängt. Gaststätten und Supermärkte müssen um 20 Uhr schließen, Bürger sollen von zu Hause aus arbeiten und dürfen höchstens vier Besucher empfangen. Und nach zwei Monaten ohne Beschränkungen im Land gelten auch in Dänemark seit Samstag wieder Regeln: So braucht man für Restaurants einen „Corona-Pass“.
Welt: In Asien gibt es etwa digitale Lösungen für Kontaktverfolgungen. In Südkorea arbeitet man mit einer Grüner-Pass-App, die gleichzeitig die Bürger über die aktuelle Lage usw. informiert. Warum es so etwas bei uns nicht gibt? Weil es Ressentiments gegenüber Digitalisierung gibt, stellt Komplexitätsforscher Klimek fest. Dabei ist doch ein QR-Code noch immer besser zu verkraften als ein Lockdown.
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